Zehnt – der Steuerblog

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BMF-Schreiben: BMF sorgt für klarere Regeln bei Kryptowährungen

Bereits im vergangenen Jahr berichteten wir in unserem Newsletter-Beitrag vom 28.6.2021 über den damaligen Entwurf des BMF-Schreibens vom 17.6.2021 zu Kryptowährungen. Darin wurden verschiedene Begriffe erläutert und anschließend eine ertragsteuerliche Einordnung vorgenommen. 
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nunmehr einen Leitfaden für die Finanzverwaltung veröffentlicht, der die Besteuerung von Kryptowährungen einheitlicher regelt.

I. Änderungen zum Entwurf 2021
Nach dem bisherige Entwurf 2021 betrachtete das BMF fast alle mit Kryptowährungen verbundenen Tätigkeiten, wie beispielsweise Lending oder Staking, als steuerschädlich. Wurden hierdurch Einnahmen erzielt, verlängerte sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre. Diese Sichtweise hat das BMF geändert: Es betrachtet nicht mehr den Einsatz der Kryptowährung zur Erzielung von Einnahmen, vielmehr komme es auf die Handlungen der Beteiligten an, die zu Einnahmen führen. Dies dürfte für Kryptoanleger als eine große Erleichterung wahrgenommen werden. In diesem Zusammenhang ist aber offen geblieben, wie mit der Erzielung von Einkünften bspw. durch ein NFT (zB die Vermietung virtueller Grundstücken) zu behandeln ist oder welche Haltefristen hier bestehen.

II. Begriffsgrundlagen
Das aktuelle BMF-Schreiben befasst sich mit vielen steuerlichen Fragen bezüglich virtueller Währungen und sonstigen Token. Bei einem Großteil des Schreibens geht es jedoch vielmehr um die Kryptotechnik als um die steuerliche Zuordnung. So erklärt das BMF Begriffe wie beispielsweise das Mining, Forging oder Lending. Auch wird (verbessert) erläutert wie überhaupt die Blockchain aufgebaut ist und wie sie funktionert. Gleiches gilt für Wallets und die Bestandsermittlung.

III. Ertragsteuerliche Einordnung
Tätigkeiten im Zusammenhang mit Einheiten einer virtuellen Währung und mit sonstigen Token können im Einzelfall zu Einkünften aus allen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EStG) führen. In Betracht kommen insbesondere Einkünfte aus Gewerbebetrieben (§ 15 EStG), Einkünfte aus nichtselbständigen Arbeiten (§ 19 EStG), Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 iVm. § 23 EStG) oder sonstige Einkünfte (§ 22 Nummer 3 EStG).

In Übereinstimmung mit der zuletzt ergangenen finanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literaturansicht sind einzelne Einheiten virtueller Währungen und sonstige Token Wirtschaftsgüter.
Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen. Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer Transaktionen initiieren und damit über die Zuordnung der Einheiten einer virtuellen Währung oder sonstigen Token zu öffentlichen Schlüsseln „verfügen“ kann. Dies ist regelmäßig die Inhaberin oder der Inhaber des privaten Schlüssels.

Der öffentliche Schlüssel dient der Zuordnung der Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token in der zugrundeliegenden Blockchain (vergleichbar mit einer Kontonummer oder E-Mail-Adresse) und insbesondere als Empfangsadresse für Transaktionen. Der private Schlüssel ist hingegen nur den Inhaber:innen bekannt. Er dient als Passwort beziehungsweise der Erzeugung digitaler Unterschriften für Transaktionen. Zu jedem privaten Schlüssel kann es mehrere öffentliche Schlüssel geben.

Es ist für die Zurechnung an den wirtschaftlichen Eigentümer jedoch unschädlich, wenn Transaktionen über Plattformen initiiert werden, die private Schlüssel verwalten oder auf seine Anweisung hin einsetzen.

IV. Anwendungszeitpunkt
Das BMF legt fest, dass diese Grundsätze „auf allen offenen Fällen anzuwenden“ ist. Für Steuerpflichtige bedeutet dies: Ist noch kein Steuerbescheid vom Finanzamt ergangen oder muss noch eine Steuererklärung abgeben werden, kann man sich auf die einjährige Haltefrist berufen.

Giuseppe Vitale
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate
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