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BFH bestätigt Rechtsprechung zur vGA bei Darlehen an beherrschenden Gesellschafter

Mit Urteil vom 22.2.2023 bestätigt der BFH seine Rechtsprechung zur angemessenen Verzinsung von Darlehen einer GmbH an ihren beherrschenden Gesellschafter. Es kann der sogenannte Margenteilungsgrundsatz angewendet werden: Dabei werden die banküblichen Soll- und Habenzinssätze ermittelt und – in Ermangelung anderer Indi-zien – der angemessene Zinssatz in der Mitte zwischen den beiden Werten festgelegt. Gesellschaft und Gesellschafter teilen sich sozusagen die Zinsmarge.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Klägerin war eine GmbH. Ihr Ge-schäftsführer A war Mehrheitsgesellschafter zu 60 %. Die GmbH führte ein Konto, auf dem Zahlungsbewegungen im Verhältnis mit A gebucht wurden und das gem. § 42 Abs. 3 GmbHG in den Jahresabschlüssen gesondert ausgewiesen wurde. Das Konto wies in den Streitjahren einen Saldo zugunsten der Gesellschaft aus. Eine Verzinsung erfolgte nicht. Das FA setzte die fehlende Verzinsung als vGA mit 4,5 % pa. an. Die Klage vor dem FG (FG Schleswig-Holstein vom 28.5.2020 1 K 67/16, EFG 2021, 223) blieb ohne Erfolg.

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die Gewährung eines zinslosen Darlehens von der Gesellschaft an den Gesellschafter kann zu einer vGA führen, zB durch Führung eines unangemessen verzinsten Verrechnungskontos gem. § 42 Abs. 3 GmbHG. Das FG muss bei der Ermittlung des fremdüblichen Preises allerdings beach-ten, dass es häufig für die betreffende Leistung nicht einen Fremdvergleichspreis, son-dern eine Bandbreite von Preisen geben wird. Der BFH beschränkt sich hierbei auf ei-ne Überprüfung der Verfahrens- und Rechtsgrundsätze. Für Zinsen sei vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden; Fremdpreis ist der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten. 

Bei einem unangemessen verzinsten Verrechnungskonto nach § 42 Abs. 3 GmbHG führe der sogenannte „Margenteilungsgrundsatz“ zu sachgerechten Ergebnissen. Die Bandbreite der möglichen Zinssätze sei so zu ermitteln, dass die banküblichen Haben-zinsen, die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung bilden. Der im Einzelfall maßgebliche Betrag sei innerhalb der genannten Marge durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann, besondere Bedeutung zukomme. In der Regel ist der Ansatz der Sollzinsen jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen Aufwand hat. Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu bean-standen, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darle-hensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen tei-len. Der BFH bestätigt damit seine frühere Rechtsprechung (BFH vom 28.02.1990 I R 83/87, BStBl. II 1990, 649; vom 19.01.1994 I R 93/93, BStBl. II 1994, 725; vom 22.10.2003 I R 36/03, BStBl. II 2004, 307). 


Beraterhinweis: Dass Gesellschaftsdarlehen marktüblich verzinst sein sollten, sollte bekannt sein. Gestaltungsspielraum beim Zinssatz besteht innerhalb des Korridors, den der BFH mit dem Margenteilungsgrundsatz absteckt. Hier gilt es für den Berater, ein begründetes Ergebnis zu treffen und dann Beweisvorsorge und Dokumentation zu be-treiben. Nur so kann ein substantiierter Vortrag vor dem FA und dem FG gelingen. Vor dem BFH konnte die Klägerin nicht mehr viel gewinnen, denn die Tatsachen standen bereits fest – und sie waren denkbar ungünstig für die Klägerin.
 

Johannes Grajcarek
Rechtsanwalt
Associate
Dr. Dr. Norbert Mückl
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater
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