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Elektronischer Rechtsverkehr mit dem Finanzamt: Einspruch einlegen aus dem beA?

Seit dem 1.1.2022 gilt die aktive Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA): Anwälte dürfen mit den Gerichten nur noch elektronisch korrespondieren. Für die Finanzgerichtsbarkeit ist dies in § 52d FGO geregelt (iÜ siehe § 130d ZPO, § 14b FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 55d VwGO und § 32d StPO).

Auch für Behörden ist der elektronische Rechtsverkehr seit dem 1.1.2022 verpflichtend: Nach § 52d FGO muss auch das Finanzamt Schriftsätze und Anlagen sowie Anträge und Erklärungen elektronisch an das Finanzgericht übermitteln. Aus diesem Grund haben Finanzämter (und andere (Finanz-)Behörden) das besondere elektronische Behördenpostfach, kurz „beBPo“ eingerichtet.

Das beBPo ist das Pendant des beA für Behörden. Es handelt sich um einen digitalen Briefkasten der jeweiligen Behörde, der über die elektronische Kommunikationsinfrastruktur EGVP erreicht werden kann. So kann das beBPo auch vom beA (ebenso vom beN und vom beSt) aus adressiert werden, da beide dem EGVP-Verbund angehören. 

Mit Eröffnung dieses aus dem beA adressierbaren Zugangs (vgl. § 87a AO) haben die Behörden somit einen Weg für die Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Finanzamt geschaffen, dessen Vorteile auf der Hand liegen: Der Zugang der Nachricht kann unmittelbar nachgewiesen werden, ihre Laufzeit wird deutlich reduziert und Porto- und Papierkosten entfallen. Zudem kann die Übermittlung per beA praktisch von überall erfolgen und es lassen sich auch große Anhänge beifügen, zB Kassen- oder Buchhaltungsdaten. Folglich findet diese neue Form der digitalen Kommunikation in der Anwaltschaft großen Anklang. 

Allerdings gab es Anfangsschwierigkeiten: Es ist in der Vergangenheit vorgekommen, dass Behörden zwar ein beBPo eingerichtet, dort eingehende Nachrichten indes nicht oder nur mit Verzögerung zur Kenntnis genommen haben. 

Können elektronische Dokumente also gar nicht wirksam über „beA – beBPo“ übermittelt werden? Doch!

Das FG Berlin-Brandenburg hat diese Frage für die Einlegung eines Einspruchs über beA an das beBPo des Finanzamts bejaht (Beschluss vom 25.9.2019 7 V 7130/19), sofern das Finanzamt im beA-Adressverzeichnis zu finden ist. Zur Begründung beruft sich das FG Berlin-Brandenburg auf § 87a AO, wonach die Übermittlung elektronischer Dokumente im Steuerverfahren zulässig ist, soweit der Empfänger hierzu einen Zugang eröffnet hat. Seit dem 1.7.2014 haben alle Behörden einen elektronischen Zugang, und seit dem 1.1.2018 einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen. Als sicherer Übermittlungsweg ist auch das beBPo vorgesehen. 

Hat das Finanzamt also (wie mittlerweile fast alle deutschen Finanzämter) ein den Anforderungen des § 6 Abs. 2 Nr. 2 ERVV genügendes, also ein für Inhaber eines beA adressierbares beBPo eingerichtet und die Einrichtung des beBPo über das beA-Adressverzeichnis bekanntgegeben, hat das Finanzamt den Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente über das beA auf seinem beBPo konkludent eröffnet. 

Dass die Finanzämter das beBPo nur für die Übermittlung elektronischer Dokumente an Gerichte und Strafverfolgungsbehörden eingerichtet haben wollen, ändert – so das FG Berlin-Brandenburg – nichts daran, dass der Zugang auch für Rechtsanwälte und ihr beA eröffnet ist. Insoweit ähnelt das beBPo einem Briefkasten. Ist der Briefkastenschlitz offen, empfängt der Inhaber des Briefkastens jede dort eingeworfene (und für ihn bestimmte) Post; er kann seine Empfangsbereitschaft nicht auf bestimmte Absender beschränken.

Damit sind die Finanzämter per beA erreichbar. Sie sind ganz überwiegend im beA-Adressverzeichnis zu finden, indem man im Feld „Kanzleiname“ (und ggf. zusätzlich im Feld „Name“) nach „Elster“ im jeweiligen Ort („Ort“ oder „PLZ“) sucht.

Tipp: Manche Finanzämter wurden falsch ins Verzeichnis eingepflegt. Man findet sie nicht auf Anhieb (zB Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler). UU kann man sich in einem solchen Fall mit der Eingabe der bundeseinheitlichen Finanzamtsnummer im Feld „Name“ zusammen mit einem Platzhalter-Sternchen (zB „*2701“) – und „Elster“ im Feld „Kanzleiname“ – behelfen.

Für die Praxis ist festzuhalten, dass Rechtsanwälte, die fristgebundene Schriftsätze (zB Einsprüche, § 357 Abs. 1 Satz 1 AO) an Finanzbehörden vom beA übersenden, sich auf die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg berufen können. Der Beschluss ist rechtskräftig; das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Beschwerde zum BFH nicht eingelegt.

Weitere, vor allem höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu existiert noch nicht. Fristen dürfen – wie in der analogen Welt – erst dann gestrichen werden, wenn ein den Eingang bestätigender Sendebericht vorliegt. Außerdem kann es sich anbieten, bei Erstkontakt mit dem adressierten Finanzamt eine positive Rückmeldung zu diesem Übertragungsweg einzuholen.

Praxishinweis für Steuerstrafverfahren: Gegenüber der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts bzw. der Steuerfahndung besteht nur eine „Regelpflicht“ zur elektronischen Übermittlung per beA: Nach § 32d Satz 1 StPO „sollen“ Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument übermittelt werden. Übermittlungen per Brief und Fax sind also weiterhin möglich. Erklärungen gegenüber dem Strafgericht hingegen müssen per beA eingereicht werden (§ 32d Abs. 2 StPO: zB Einlegung und Begründung von Berufung und Revision). Ausnahme: Der Einspruch gegen einen Strafbefehl oder gegen einen Bußgeldbescheid muss nicht elektronisch übermittelt werden.

Fazit: Das beA eröffnet neue digitale Kommunikationswege nicht nur mit Gerichten und Strafverfolgungsbehörden, sondern auch mit (Finanz-)Behörden. Steuerberater profitieren ab dem 1.1.2023 davon, sobald das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beST) online geht.