Zehnt – der Steuerblog

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Zivilrechtliche Fallstricke bei der Übertragung auf Minderjährige

I. Ausgangslage: Vertretung von Minderjährigen

Minderjährige können grundsätzlich nicht wirksam am Rechtsverkehr teilnehmen (§ 105 BGB). Hat der Minderjährige zwar das 7., nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet, kommt es für die Wirksamkeit seiner Erklärung auf die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters an (§ 107 BGB). Wird ein entsprechendes Rechtsgeschäft ohne die erforderliche Zustimmung geschlossen, ist es bis zur Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter schwebend unwirksam (§ 108 Abs. 1 BGB). Es entstehen hieraus keine Rechte und Pflichten. 

Gesetzliche Vertreter sind regelmäßig die Eltern (§§ 1626, 1629 BGB). Bei Geschäften des Minderjährigen mit dem einem Elternteil ist das andere Elternteil jedoch von der Vertretung ausgeschlossen, um eine Interessenkollision zu vermeiden (§§ 1629 Abs. 1 Satz 1, § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB). In diesen Fällen ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, der den Minderjährigen vertritt (§ 1809 BGB). 


II. Ausnahme: Lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte

Die vorgenannten Grundsätze gelten jedoch nicht ausnahmslos: Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ist nicht erforderlich, wenn der Minderjährige durch die entsprechende Willenserklärung lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt (§ 107 BGB). Maßgeblich ist die rechtliche Wirkung und nicht der wirtschaftliche Vorteil des Geschäfts (hierzu und zum Folgenden STENERT/GRAVENHORST, GmbHR 2022, 1232 (1233) mwN). Damit bedürfen auch objektiv wirtschaftlich vorteilhafte Geschäfte grundsätzlich der Einwilligung, sofern eine – rechtlich nachteilige – Verpflichtung zur Gegenleistung besteht.


III. Rechtlicher Vorteil bei Grundstücksschenkungen

Praxisrelevant ist dies insbesondere bei Grundstücksschenkungen des einen Elternteils an die gemeinsamen Kinder. In diesen Fällen geht das Grundbuchamt oftmals davon aus, dass hierdurch die Minderjährigen nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen und verlangt die Genehmigung eines Ergänzungspflegers.

Die Frage, ob die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im vorgenannten Sinne nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, kann nicht allgemein, sondern nur im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Allein aus der Verpflichtung zur Tragung gewöhnlicher öffentlicher Lasten folgt nach allgemeiner Ansicht kein rechtlicher Nachteil (vgl. BGH vom 25.11.2004 V ZB 13/04, BGHZ 161, 170). 

Nach zwei jüngeren Urteilen der Oberlandesgerichte soll jedenfalls der Erwerb von Bruchteilseigentum durch Minderjährige rechtlich nachteilig sein (KG vom 1.8.2023 1 W 93/23, ZEV 2024, 185; OLG München vom 18.12.2023 34 Wx 311/23 e, ZEV 2024, 187). Dies ist bspw. der Fall, wenn ein Minderjähriger neben einem anderen (Voll- oder Minderjährigen) das Eigentum an einem Grundstück erwirbt. Die Gerichte beziehen sich auf eine Entscheidung des BGH zum Erwerb von Eigentumswohnungen (BGH vom 30.9.2010 V ZB 206/10, BGHZ 187, 119) und übertragen sie auf den Erwerb von Miteigentum. 

Ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft sei für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er hierdurch mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen hafte. Dies sei, so die Oberlandesgerichte, bei einer Bruchteilsgemeinschaft der Fall. Der Minderjährige hafte insbesondere für die Lasten sowie die Kosten der Erhaltung und der Verwaltung der Immobilie nicht nur mit der erworbenen Sache, sondern persönlich mit seinem sonstigen Vermögen (vgl. § 748 BGB). Ferner könne sich der Minderjährige – anders als der Alleineigentümer durch Eigentumsaufgabe – nicht der Haftung entziehen. Der Bruchteilseigentümer kann die Bruchteilsgemeinschaft nicht ohne Weiteres aufheben.


IV. Beraterhinweis

Die vorgenannten Entscheidungen führen zu Unsicherheiten bei der Übertragung von Immobilienvermögen an Minderjährige. Zwar ist die Frage nunmehr beim BGH anhängig (Az. BGH V ZB 1/24). Bis zu einer Entscheidung sollte vor der Übertragung (vorsorglich) ein Ergänzungspfleger bestellt werden.

Die aufgezeigte Problematik lässt sich auch nicht durch folgende Gestaltung vermeiden: Der spätere Schenker bringt das Grundstück vor der Übertragung in eine Gesellschaft ein und überträgt sodann die Anteile an dieser Gesellschaft schenkweise auf die Minderjährigen. Sowohl bei Erwerb einer Beteiligung einer Personengesellschaft als auch einer GmbH-Beteiligung ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers ebenfalls der sicherste Weg (instruktiv STENERT/GRAVENHORST, GmbHR 2022, 1232 (1236 f.)).

Dr. Heinz-Willi Kamps
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Torben Gravenhorst
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