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Vertrauliche Hintergrundgespräche als verständigungsbezogene Erörterung

Mit Beschluss vom 29.8.2023 (1 StR 211/23) bestätigt der BGH, dass die Verfahrensbeteiligten einer Hauptverhandlung über das Ergebnis und den Inhalt auch außerhalb der Hauptverhandlung stattgefundener Verständigungsgespräche iSd. § 257c StPO in der Hauptverhandlung gem. § 243 Abs. 4 S. 2, 1 StPO zwingend zu unterrichten sind. 

Was war passiert?

Nachdem im Hauptverfahren mehrere Verständigungsgespräche iSd. § 257c StPO scheiterten, kam es im weiteren Verlauf außerhalb der Hauptverhandlung zu einem „vertraulichen Hintergrundgespräch“ zwischen dem Verteidiger und dem Vorsitzenden. Über den Inhalt des Gesprächs informierte der Verteidiger seinen Mandanten per E-Mail. Im Rahmen des Gesprächs wurde ua. diskutiert, ob ein etwaiges Teilgeständnis dazu beitragen könnte, eine bewährungsfähige Strafe zu verhängen. Eine Mitteilung iSd. § 243 Abs. 4 S. 2, 1 StPO seitens des Vorsitzenden in den folgenden Hauptverhandlungen unterblieb. Vielmehr stellte er nach Schluss der Beweisaufnahme fest, dass „keine auf Verfahrensabsprachen zielende Gespräche im Sinne des § 257c StPO stattgefunden haben“. Ausweislich seiner dienstlichen Stellungnahme ging er nicht von einem Verständigungsgespräch iSd. § 257c StPO aus. 

Der BGH hat (erneut) festgestellt, dass die Verfahrensbeteiligten auch über außerhalb der Hauptverhandlung stattgefundene Verständigungsgespräche iSd § 257c StPO in der Hauptverhandlung zwingend gem. § 243 Abs. 4 S. 2, 1 StPO zu informieren sind, selbst wenn die Gespräche erfolglos waren und der Angeklagte hierüber durch seinen Verteidiger informiert wurde. Auch bei einem „vertraulichen Hintergrundgespräch“ kann es sich um ein Verständigungsgespräch iSd. § 257c StPO handeln. Ein solches ist bekanntlich dann gegeben, wenn bei den Gesprächen ausdrücklich oder konkludent Fragen des prozessualen Verhaltens in Verbindung zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt. Jedenfalls genügt es, wenn die Erörterungen von den Verfahrensbeteiligten als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden könnten. Dies war vorliegend der Fall, da im Gespräch ua. darüber diskutiert wurde, ob ein Teilgeständnis dazu beitragen könnte, eine bewährungsfähige Strafe zu verhängen. 

Die Entscheidung des BGH war vor dem Hintergrund des in § 243 Abs. 4 S. 2, 1 StPO wurzelnden Transparenzgebots zu erwarten, wirft aber die Frage auf, inwiefern Vorsitzende oder Kammern künftig noch zu Gesprächen „off the records“ bereit sein werden.

Dr. Sebastian Peters
Rechtsanwalt
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