Zehnt – der Steuerblog

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Steuerliche Schätzung: Fortlaufende Rechnungsnummern

Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UStG muss eine Rechnung eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird, enthalten. Nach Tz. 14.5 Abs. 10 Satz 4 UStAE ist eine lückenlose Abfolge der ausgestellten Rechnungsnummern nicht zwingend. Gleichwohl werden Betriebsprüfungsstellen, insbesondere bei maschinell durchgeführter Fakturierung, regelmäßig stutzig, wenn es Lücken in der Rechnungsnummernabfolge gibt. Nicht selten vermutet man hierin den Hinweis auf eine Manipulation der Fakturierungssoftware. Es stellt sich in solchen Fällen daher schnell die Frage, ob dieser Umstand eine steuerliche Schätzungsbefugnis nach § 162 AO eröffnet. 


In seinem Beschluss vom 31.5.2023 hatte sich der X. Senat des BFH (X B 111/22) mit dieser Fragestellung – wenn auch nur am Rande – erneut zu befassen.


Zunächst ist unabhängig vom genannten BFH-Beschluss festzuhalten, dass angesichts der rechtlichen Rahmenbedingungen eine nicht fortlaufende Nummerierung der Ausgangsrechnungen nicht per se zur Erschütterung der Richtigkeitsvermutung nach § 158 Abs. 1 AO und damit zur Schätzung gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 Var. 1 AO führen kann.

Dementsprechend nahm der BFH in seinem Beschluss im Ergebnis auf § 162 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 AO Bezug und stellte unter Bestätigung seiner Entscheidung vom 7.2.2017 (X B 79/16) nochmals klar, dass ein Schätzungsauftrag dann bestehe, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen bestehen. Dies sei von der tatsächlichen Situation und damit von den Umständen des Einzelfalls abhängig. 


Beratungshinweis: Fehlende Rechnungsnummern führen nach der BFH-Rechtsprechung – anders als Betriebsprüfungsstellen gelegentlich meinen – nicht automatisch zur Schätzung. Es gelten die allgemeinen Feststellungs- und Beweislastregeln. Will die Finanzverwaltung aus fehlenden Rechnungsnummern eine Schätzung ableiten, muss sie die erforderlichen Anhaltspunkte der nicht vollständigen Erfassung der Erlöse bzw. Betriebseinnahmen plausibel darlegen. Das Fehlen der Nummer allein genügt als Argument nicht. Auch ein Zirkelschluss dahingehend, dass die fehlende Rechnungsnummer die Manipulation der Buchführung und damit die Erschütterung der Richtigkeitsvermutung belegt, wäre rechtswidrig. Erst wenn das Finanzamt jene Hürde überspringt, ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, eine plausible Erklärung für das Fehlen zu geben, um eine mögliche Hinzuschätzung von Besteuerungsgrundlagen abzuwenden.

 

Dr. Peter Talaska
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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