Zehnt – der Steuerblog

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(Keine) Doppelbelastung durch Besteuerung und strafrechtliche Einziehung

Obwohl inzwischen mehr als sechs Jahre vergangen sind, seitdem der Gesetzgeber im Sommer 2017 das Einziehungsrecht grundlegend reformiert hat, sind viele Fragen weiterhin ungeklärt. Mit seinem Beschluss vom 19.9.2023 (1 StR 281/23) verknüpft der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Wertungen mehrerer erst in diesem Jahr ergangenen Entscheidungen. In der Sache selbst geht es um die Frage, ob in Scheinrechnungen ausgewiesene und tatsächliche abgeführte Umsatzsteuern iSd. § 14c Abs. 2 Satz 2 Var. 2 UStG bei der Bestimmung des Abschöpfungsbetrages in Abzug gebracht werden müssen.

 

Zum Sachverhalt

Das Landgericht hatte festgestellt, dass der revisionsführende Angeklagte unter seinem Einzelunternehmen Scheinrechnungen ausstellte, mit denen er Bestechungsgelder als Entgelt für tatsächlich nicht erbrachte Vermittlungen oder Projektbetreuungsleistungen tarnte. Die Einziehungsentscheidung erfasste den gesamten Bestechungslohn, ohne die vom Angeklagten diesbezüglich entrichtete Umsatzsteuer mindernd zu berücksichtigen.

 

Keine Beanstandung der umfassenden Einziehungsentscheidung des LG

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist eine derartige Praxis insbesondere auch mit Blick auf das Übermaßverbot nicht zu beanstanden. Dieses hatte das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 1990 für das Steuerstrafrecht dergestalt konkretisiert, dass der Täter durch Vermögensabschöpfung und Besteuerung nicht doppelt belastet werden darf (BVerfG vom 23.1.1990 1 BvL 4/87 ua., BVerfGE 81, 228).

In ständiger Rechtsprechung sieht der erste Strafsenat das Doppelbelastungsverbot zwar als verletzt an, wenn das Tatgericht neben der Tatbeute zugleich die vom Täter durch die nachfolgende Steuerverkürzungen erzielten Ersparnis in Höhe der auf das Erlangte anfallenden Umsatz- und Ertragsteuern eingezogen hat (vgl. BGH vom 5.4.2023 1 StR 436/22; BeckRS 2023, 8591 mwN). Anknüpfend an seine überwiegend in diesem Jahr ergangenen Beschlüsse (vgl. BGH vom 27.6.2023 1 StR 374/22, NStZ-RR 2023, 279; vom 2.5.2023 1 StR 77/23, BeckRS 2023, 12426; vom 8.3.2023 1 StR 22/23, wistra 2023, 291) meint der BGH jedoch erneut, derjenige, dessen Steuerschuld allein aus § 14c Abs. 2 UStG folgt, erlange keine abschöpfbaren Vermögensvorteile in Form der Steuerersparnisse. Daraus sei abzuleiten, dass eine Titulierung von Steueransprüchen neben der Einziehung des Bestechungslohns von vornherein nicht gedroht habe. Zudem sei ein Verstoß gegen das Übermaßverbot auch deswegen nicht gegeben, weil der Angeklagte über §§ 14c Abs. 2 Sätze 3-5, 17 UStG die Erstattung der abgeführten Umsatzsteuerbeträge nach Beseitigung der Scheinrechnungslage und Rückzahlung gezogener Vorsteuern durch die Rechnungsempfängerin hätte bewirken können.

 

Fazit

Auch wenn der Revisionsführer in diesem Fall mit seiner Rüge ohne Erfolg blieb, lohnt sich stets ein Blick auf das noch in der Entwicklung befindliche Einziehungsrecht.
 

Dr. Peter Talaska
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Jonas Joosten
Rechtsanwalt
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