Zehnt – der Steuerblog

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Die Grunderwerbsteuer ist für Share Deals kaum mehr beherrschbar!

SPECIAL - Kölner Tage Grunderwerbsteuer 2023

Selten hat es in dieser Hinsicht eine so einstimmige Skepsis gegeben wie bei den Teilnehmern der diesjährigen Kölner Tage Grunderwerbsteuer.

MoPeG

Durch den Wegfall des Gesamdhandsbegriffs droht, sofern der Gesetzgeber nicht bis Ende des Jahres nachjustiert, der vollständige Wegfall der Steuerbefreiungen nach §§ 5, 6 GrEStG. Die bislang aufgenommenen Regelungen reichen in keiner Weise aus, stellen sie doch nur klar, dass es durch das Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 nicht zu Verstößen gegen die Haltefristen der §§ 5, 6 GrEStG kommt. Für grunderwerbsteuerbare Vorgänge ab dem 1.1.2024 würde es nach der ursprünglichen Entwurfsfassung hingegen zum vollständigen Wegfall der Befreiungsvorschriften gem. §§  5, 6 GrEStG kommen. 


Lichtblick

Zwischenzeitlich haben sich Bundesregierung und Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz darauf verständigt, dass die Regelungen der §§ 5 ff. GrEStG zunächst noch im Jahr 2024 fortgelten sollen. Ob dies tatsächlich so in geltendes Recht umgesetzt wird, ist wahrscheinlich, bleibt aber abzuwarten. Die Aufgabenstellungen würden dann zunächst um 12 Monate nach hinten geschoben, was für den Berater und Mandanten aber in der jetzigen Gestaltungsplanung in keiner Weise befriedigend sein kann: Wie soll mit Regelungen, die 10jährige Nachhaltefristen auslösen, jetzt ernsthaft für Übertragungen in 2024 geplant werden, wenn deren Fortgeltung nur für ein weiteres Jahr sichergestellt ist? Großen Unmut und auch Unverständnis zieht es jedenfalls nach sich, dass diese Problematik vom Gesetzgeber bis heute in keiner Weise befriedigend gelöst ist, obgleich das MoPEG bereits vor mehr als 2 Jahren verkündet wurde und seither die sich ergebenden Probleme bekannt waren. 


Brennpunkt

Grundstückszurechnung in der Kette und Ergänzungstatbestände: Nur mit Kopfschütteln konnten die Teilnehmer der Kölner Tage Grunderwerbsteuer die Ergebnisse der gleichlautenden Ländererlasse vom 16.10.2023 zur Kenntnis nehmen. Wie sich aus den in den Erlassen gebildeten Beispielen ergibt, vertritt die Finanzverwaltung nicht nur die Auffassung, dass ein einzelnes Grundstück für grunderwerbsteuerliche Zwecke im Einzelfall zwei oder mehreren Gesellschaften zugerechnet werden kann. Zugleich geht sie davon aus, dass ein einziger Anteilsübertrag, der beispielsweise eine Steuer nach § 1 Abs. 2a GrEStG auslöst, gleich mehrmals für mehrere Gesellschaften und auf mehreren Ebenen die Grunderwerbsteuer auslösen soll. 

Insgesamt wäre - so die übereinstimmende Conclusio - eine grundlegende gesetzgeberische Reform des Grunderwerbsteuerrechts, insbesondere im Blick auf die Ergänzungstatbestände, dringend erforderlich. Allerdings erscheint dies für die vorliegende Legislaturperiode unwahrscheinlich. Der Leipziger Arbeitskreis hatte hierzu einen beachtlichen Entwurf vorgelegt, der aber im Gesetzgebungsverfahren zum Wachstumschancengesetz keinerlei Berücksichtigung gefunden hat. 

So bleibt uns Beratern nur, wachsam und topaktuell die weiteren Entwicklungen zur Kenntnis zu nehmen, um etwaige Haftungsrisiken, insbesondere mit Blick auf die doppelte Entstehung von Grunderwerbsteuer, rechtzeitig erkennen und nach Möglichkeit vermeiden zu können.

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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