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BFH: Zum Begriff der Zinsaufwendung in § 4h EStG

Der BFH befasste sich in seinem Beschluss vom 22.3.2023 XI R 45/19 mit der Frage, was Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke (§ 4h EStG) sind. Der XI. Senat zieht Parallelen zur Hinzurechnung von Schuldentgelten gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG:

1. Es kommt für die Einstufung als Zinsaufwendung darauf an, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt. Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar.

2. Die Bezeichnung des Entgelts, zum Beispiel als Zins oder Gebühr, ist nicht maßgeblich.

3. Für das Vorliegen von Zinsaufwendungen spricht regelmäßig, dass sich das Entgelt an der Höhe des zur Nutzung überlassenen Fremdkapitals und an der Dauer der eingeräumten Kapitalnutzungsmöglichkeit (Laufzeit) orientiert (im Anschluss an BFH vom 9.8.2000 I R 92/99, BStBl. II 2001, 609).

4. Die Regelung in § 4h Abs. 3 S. 2 EStG betrifft ihrem Wortlaut nach "Vergütungen für Fremdkapital", der Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG erfasst die "Entgelte für Schulden". Der sehr ähnliche Wortlaut der beiden Vorschriften legt ein übereinstimmendes Verständnis nahe, jedenfalls für die von Kreditinstituten üblicherweise verlangten Entgelte. Gründe, die für eine unterschiedliche, also normspezifische Interpretation sprechen könnten, sieht der XI. Senat insoweit nicht.

5. Soweit die Finanzverwaltung auch Vergütungen, die "zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. … Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)" (BMF vom 4.7.2008, BStBl. I 2008, 718, Rz 15), zu den Zinsaufwendungen rechnet und sich diese Zurechnung möglicherweise auch auf Entgelte für eine andere Leistung oder aus anderem Rechtsgrund beziehen könnte, vermag der XI. Senat dem nicht zu folgen.

Beraterhinweis: Nicht jede Zahlung im Zusammenhang mit einem Kredit ist ein Zinsaufwand im Sinne des § 4h EStG. Das stellt der BFH zu Recht klar. Nötig ist eine wirtschaftliche Würdigung des jeweiligen Entgelts. Hier sollte der Berater der Betriebsprüfung und dem Finanzamt nicht vorschnell nachgeben.

Inwieweit die durch den BFH zu Recht erfolgten Klarstellungen der aktuellen Rechtslage auch künftig noch Anwendung finden, bleibt abzuwarten. Der Referentenentwurf eines „Wachstumschancengesetzes“ vom 14.7.2023 sieht Anpassungen der Zinsschrankenregelung vor. Unter anderem ist geplant, den Zinsbegriff an Artikel 2 der sogenannten ATAD-Richtlinie anzupassen. Dies würde eine Ausweitung auf wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital bedeuten.

Johannes Grajcarek
Johannes Grajcarek
Associate
Dr. Dr. Norbert Mückl
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
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