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Zehnt – der Steuerblog
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Wem steht das Besteuerungsrecht bei Freistellung und Abfindung eines grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmers zu?
BFH v. 1.8.2024 VI R 23/22
Sachverhalt
Der Kläger, ein in Deutschland ansässiger Außendienstmitarbeiter eines Schweizer Unternehmens, wurde nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses im April 2016 (Streitjahr) mit sofortiger Wirkung freigestellt. Das Arbeitsverhältnis lief bis zum 31.10.2016 weiter. Während der Freistellung erhielt der Kläger laufende Gehaltszahlungen sowie eine Abfindung.
Entscheidung
Nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2010 wird das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit dem Ansässigkeitsstaat (hier: Deutschland) zugeordnet, es sei denn, die Tätigkeit wird im anderen Vertragsstaat (hier: Schweiz) ausgeübt. Da der Kläger nach der Kündigung keine aktive Tätigkeit in der Schweiz ausübte, ordnete der BFH das Besteuerungsrecht für das in der Freistellungsphase bezogene Gehalt Deutschland zu. Auch die Abfindung sei vollständig in Deutschland zu besteuern. Die Abfindung werde nicht für eine konkrete im In- oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Einordnung
Der BFH bestätigt seine Rechtsprechung. Die Entscheidung ist insbesondere in Bezug auf die Abfindung dennoch bemerkenswert, weil das Besteuerungsrecht bei Abfindungen für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nach der Konsultationsvereinbarung zum DBA Schweiz vom 25.3.2010 (BStBl. I 2010, 268) zeitanteilig aufzuteilen ist. Ein Hindernis für das deutsche Besteuerungsrecht sah der BFH in der Vereinbarung nicht. Die Konsultationsvereinbarung habe zwar Bedeutung bei der Auslegung, beeinflusse oder binde die Gerichte jedoch nicht, wenn ihr Inhalt – wie vorliegend vom BFH angenommen – nicht vom Wortlaut des DBA gedeckt sei. Das gelte auch nach Einführung von § 2 Abs. 2 AO durch das JStG 2010. Die Regelung ermächtigt das BMF, Konsultationsvereinbarungen durch Rechtsverordnungen umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung der Sichtweise des BFH folgen oder an der Konsultationsvereinbarung vom 25.3.2010 in Altfällen festhalten wird. Für Jahre ab 2017 ist § 50d Abs. 12 EStG zu beachten. Danach gelten entsprechende Abfindungen als ein für frühere Tätigkeiten geleistetes zusätzliches Entgelt.