Zehnt – der Steuerblog

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Streck Mack Schwedhelm erstreitet Entscheidung zur Gehörsverletzung

Erstmaliger richterlicher Hinweis in der mündlichen Verhandlung und Schriftsatznachlass

Gestritten wurde um Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit Pkw-Lieferungen. Erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung wies das Gericht auf Bedenken in Zusammenhang nicht mit dem Vorsteuerabzug, sondern mit der Umsatzsteuerfreiheit erbrachter innergemeinschaftlicher Lieferungen hin. Angeblich seien die zum Belegnachweis vorgelegten Gelangensbestätigungen in einer Vielzahl von Fällen nicht ordnungsgemäß. Es fehle ua. das Datum für das Ende der Beförderung und der Ausstellung dieser Gelangensbestätigungen. 

Der Prozessbevollmächtigte, der sich angesichts der Vielzahl der bemängelten Gelangensbestätigungen hierzu nicht spontan in der mündlichen Verhandlung äußern konnte, beantragte Schriftsatznachlass. Unter Ablehnung dieses Antrags auf Schriftsatznachlass versagte das Finanzgericht in dem daraufhin erlassenen Urteil die Umsatzsteuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen. 

Der BFH (Entscheidung Detail | Bundesfinanzhof) hat die Sache aufgrund erhobener Nichtzulassungsbeschwerde unter Aufhebung des FG-Urteils zurück verwiesen und führt hierzu aus: Erteilt das FG einen Hinweis auf entscheidungserhebliche Erwägungen und Gesichtspunkte, mit denen die Beteiligten erkennbar nicht gerechnet haben und auch nicht rechnen mussten, entgegen § 155 Satz 1 FGO iVm. § 139 Abs. 4 ZPO erstmals in der mündlichen Verhandlung und ist einem Beteiligten eine sofortige Erklärung zu diesem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, soll das FG auf Antrag der Partei Schriftsatznachlass gemäß § 155 Satz 1 FGO iVm. § 139 Abs. 5 ZPO gewähren. Verstößt das FG hiergegen, verletzt es den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

Beraterhinweis: Wird der Berater erstmals in der mündlichen Verhandlung mit Erwägungen des Gerichts, insbesondere zum Sachverhalt, konfrontiert, zu denen er sich nicht sofort erklären kann, sollte zu Protokoll hierauf hingewiesen und – ebenfalls zu Protokoll – der Schriftsatznachlass beantragt werden. So bleibt die Möglichkeit erhalten, in einem etwaig sich anschließenden Verfahren vor dem BFH eine Gehörsverletzung zu rügen.  

Die Sache ist vom BFH zurückverwiesen worden. Im nächsten Rechtsgang ist zu klären, ob der Gelangensnachweis erfolgreich erbracht werden kann. Dabei ist der Steuerpflichtige nicht in seinen Beweismitteln limitiert. 

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Daniel Sommer
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater
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