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Kein Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug für Influencer/Blogger?

Digitale Welt schützt nicht vor Steuern. Somit bleibt auch die Besteuerung von Influencer/Blogger weiterhin im Fokus der Finanzverwaltung. Dies belegt auch das jüngst veröffentlichte Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.11.2023 (Az.: 3 K 11195/21, EFG 2024, 759) zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs einer Influencerin/Bloggerin. Was war geschehen?

Das Finanzamt versagte einer erfolgreichen Mode-Influencerin/Mode-Bloggerin, die beträchtliche Gewinne daraus erzielte, den Betriebsausgabenabzug aus Aufwendungen für die Anschaffung von bürgerlicher Kleidung (Mode-Kleidung) und Mode-Accessoires, und zwar unabhängig vom betrieblichen Nutzungsumfang im Rahmen der Influencer-/Blogger-Tätigkeit. Das Finanzgericht bestätigte mit dem oa. Urteil diese Auffassung des Finanzamts. Ferner ist nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts die Rechtslage hierzu so eindeutig, dass es keine Veranlassung sah, durch Zulassung der Revision zu ermöglichen, die Sache durch den Bundesfinanzhof (BFH) überprüfen zu lassen. Den Weg einer möglichen Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen ging die Influencerin/Bloggerin nicht. Das Urteil ist somit rechtskräftig geworden. Auch das Finanzgericht Köln sah das bereits so in seinem rechtskräftigen Urteil vom 22.9.2021 (Az.: 12 K 1016/19, EFG 2024, 1014) zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt.

Warum versagen Finanzämter und Finanzgerichte einen solchen Betriebsausgabenabzug?

Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Eine solche Veranlassung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. zB BFH v. 17.12.2002 - VI R 137/01, BStBl. II 2003, 407; BFH v. 19.1.2017 - VI R 37/15, BStBl. II 2017, 526; jeweils mwN).
Beruhen die Aufwendungen nur in Teilen auf eine solche betriebliche Veranlassung, weil sie auch die private Lebensführung des Steuerpflichtigen betreffen, kann zwar unter Umständen ua. ein anteiliger Betriebsausgabenabzug im Wege der Aufteilung in Betracht kommen, ggf. auch im Wege der Schätzung (vgl. zB Beschluss des Großen Senats des BFH v. 21.9.2009 - GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672; BFH v. 16.1.2019 - VI R 24/16, BStBl. II 2019, 376). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nicht für bei der Berufsausübung getragene bürgerliche Kleidung, weil diese vom BFH als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung dem gesetzlichen Abzugsverbot nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zugeordnet werden; Aufwendungen für Kleidung sind, so der BFH weiter, nur dann als Betriebsausgaben iSd. § 4 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen, wenn es sich um „typische Berufskleidung“ nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG handelt, die nicht auch zu privaten Anlässen getragen werden kann (vgl. BFH v. 16.3.2022 – VIII R 33/18, BStBl. II 2022, 614, mwN). 

Diese Rechtsgrundsätze übertragen Finanzämter und Finanzgerichte auch auf Mode-Kleidung und Mode-Accessoires, die von Influencer/Blogger angeschafft und beworben werden.  Zwar lassen sich mE gewichtige Gegenargumente gegen diese Auffassung finden, so dass diese Auffassung mE keinesfalls zweifelsfrei ist. Ob diese Argumente aber den BFH tatsächlich in einem Verfahren dazu bewegen würden, den Betriebsausgabenabzug für Influencer/Blogger zu gewähren, ist aufgrund der oa. Rechtsgrundsätze nicht sicher.

Ein solches Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG hat auch umsatzsteuerliche Folgen: Die Umsatzsteuer aus der Anschaffung von Mode-Kleidung und Mode-Accessoires darf dann nach § 15 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht als Vorsteuer abgezogen werden, so dass Influencer/Blogger auch insoweit nach nationalem Recht wie Endverbraucher behandelt werden und mit der Umsatzsteuer belastet bleiben, wobei der BFH bisher mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen hat, ob dies europarechtskonform ist (vgl. BFH v.  24.8.2022 – XI R 3/22, BStBl. II 2023, 936).

 

Fazit

Influencer/Blogger sind gut beraten, auch insoweit ihre steuerliche Situation zu überprüfen und ggf. in Abweichung zu den oa. Grundsätzen eingereichte Steuererklärungen korrigieren zu lassen, um weitere empfindliche Nachteile und Risiken zu vermeiden. Ein steuerlicher Streit um den Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug ist zwar auch dann weiterhin möglich, bedarf jedoch eines langen Atems mit ungewissen Erfolgsaussichten. 

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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