Zehnt – der Steuerblog

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Gerichtstermin am Telefon?

Aktuelles zum Gebührenrecht

Nicht selten gelingt eine einvernehmliche Beendigung eines finanzgerichtlichen Klageverfahrens bereits im Vorfeld eines Erörterungstermins oder einer mündlichen Verhandlung. Für den Prozessbevollmächtigten stellt sich im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren die Frage, ob in diesen Fällen auch ohne Gerichtstermin eine Terminsgebühr verdient ist.

 

I. Terminsgebühr schon bei telefonischer Kontaktaufnahme

  1. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr „sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes bestimmt ist‟. Die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen entsteht gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 Nr. 2 VV RVG für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
  2. Nach finanzgerichtlicher Rechtsprechung können einzelne Telefongespräche ausreichend sein (FG Düsseldorf vom 14.1.2020 11 Ko 186/19 KF, DStR 2020, 614). Dies gilt, so das FG Düsseldorf, unabhängig davon, ob der Prozessbevollmächtigte eine einseitige telefonische Besprechung mit dem Gericht führt oder ob eine mittelbare Kommunikation zwischen dem Kläger und dem Berichterstatter und anschließend dem Berichterstatter und dem Beklagten stattfindet.


II. Entscheidung des BGH vom 20.6.2024

Neben der vorgenannten Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (Tz. I. 2.) hat nunmehr auch der BGH in seiner jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 20.6.2024 (IX ZR 80/23, NJW-RR 2024, 1183) für zivilrechtliche Streitigkeiten einen weiten Anwendungsbereich der Terminsgebühr bejaht. Nach Auffassung des BGH sind keine besonderen Anforderungen an die – auch telefonisch durchführbaren – Besprechungen zu stellen.

  1. Eine Terminsgebühr falle – so der BGH – bereits dann an, wenn der Prozessbevollmächtigte eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Weiterleitung an seinen Mandanten entgegennimmt.
  2. Ebenso reiche es aus, wenn sich der Prozessbevollmächtigte auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeige (so bereits BGH vom 27.2.2007 XI ZB 38/05). 
  3. Allerdings genüge es nicht, wenn es in dem Gespräch nur um die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer Einigung oder um Verfahrensabsprachen wie beispielsweise um die Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens geht.


III. Würdigung und Praxishinweis

Die besprochene Entscheidung des BGH vom 20.6.2024 (IX ZR 80/23, NJW-RR 2024, 1183) liegt auf der Linie der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (FG Düsseldorf vom 14.1.2020 11 Ko 186/19 KF, DStR 2020, 614). Zwar lag der Entscheidung des BGH eine zivilrechtliche Streitigkeit zugrunde. Allerdings lassen sich die Maßstäbe des BGH unseres Erachtens auch auf finanzgerichtliche Verfahren übertragen. Sie bieten dem Berater gute Argumente, eine Terminsgebühr schon auf Grundlage geführter Telefonate, dh. auch ohne mündliche Verhandlung oder Erörterungstermin, geltend zu machen. In solchen Fällen lohnt sich daneben die Prüfung des Ansatzes einer Erledigungsgebühr. An die erforderliche Mitwirkung sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Wichtig ist, dass der Prozessbevollmächtigte die Gespräche entsprechend dokumentiert, um seine Mitwirkung zu belegen (vgl. dazu BERTRAND/GRAVENHORST, Stbg 2023, 311, 314).

Dr. Christian Bertrand
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Torben Gravenhorst
Rechtsanwalt
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