Zehnt – der Steuerblog

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Britische Remittance-Basis-Besteuerung als Vorzugsbesteuerung iSd. AStG

Der Zugriff des deutschen Steuerrechts endet nicht mit dem Wegzug. Beim Wegzug in steuerliche Vorzugsregime, die Zuwanderern Privilegien bieten, ist die sog. erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG zu beachten. In seinem jüngst veröffentlichten Urteil vom 14.1.2025 (IX R 37/21) hat der BFH die britische Remittance-Basis-Besteuerung als Vorzugsbesteuerung idS qualifiziert. Nach diesem Besteuerungssystem unterlagen ausländische Einkünfte in Großbritannien nur der Besteuerung, wenn sie ins Inland überwiesen wurden. 


I. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht

Gegenüber der regulären beschränkten Steuerpflicht hat die erweiterte beschränkte Steuerpflicht zur Konsequenz, dass sämtliche Einkünfte der deutschen Besteuerung unterliegen, die nicht ausdrücklich als ausländische Einkünfte in § 34d EStG benannt sind. Damit geht § 2 AStG über die reguläre beschränkte Steuerpflicht, welche eine inländische Quelle iSv. § 49 Abs. 1 EStG voraussetzt, hinaus. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht findet unter den Voraussetzungen der §§ 2, 4 AStG auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer Anwendung.  
Voraussetzung von § 2 AStG ist ua. eine niedrige Besteuerung im Ausland. Diese liegt vor, wenn die Belastung aufgrund einer Vorzugsbesteuerung gegenüber der allgemeinen Besteuerung des jeweiligen Staates erheblich gemindert ist. Der BFH konkretisiert, dass der Vorzug gegenüber der allgemeinen Besteuerung an persönliche Kriterien gebunden sein muss. Er müsse dem Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als Zugezogener gewährt werden. Aus Sicht des Senats sei die Minderung der Steuerlast jedenfalls dann erheblich, wenn die Vorzugsbesteuerung eine vollständige Freistellung bestimmter Teile des nach dem allgemeinen Besteuerungssystem grundsätzlich voll zu versteuernden Einkommens ermögliche. 


II. Remittance-Basis-Besteuerung

Das sei bei der Remittance-Basis-Besteuerung der Fall: 
Sie stelle eine Ausnahme vom grundsätzlich in Großbritannien geltenden Welteinkommensprinzip dar. Auslandseinkommen, das nicht nach Großbritannien transferiert wird, werde aus der steuerlichen Bemessungsgrundlage suspendiert und unterliege nicht der Besteuerung. 
Die Möglichkeit der Inanspruchnahme knüpfe aus Sicht des BFH an einen schwächeren Grad an Verwurzelung in Großbritannien und damit an ein persönliches Kriterium an. 
Einer erheblichen Minderung der Steuerbelastung stehe nicht entgegen, dass die Freistellung nur bis zu dem Zeitpunkt des Transfers der Einkünfte nach Großbritannien wirke. Dies begründet der BFH damit, dass im konkreten Fall die Kapitaleinkünfte auch zu späteren Zeitpunkten nicht nach Großbritannien transferiert wurden.
Verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen die erweiterte beschränkte Steuerpflicht wies der BFH zurück. 


III. Einordnung

Großbritannien hat sein Remittance-Basis-Regime jüngst abgeschafft und gewährt Zuwanderern unter bestimmten Voraussetzungen vollständige Steuerfreiheit auf ausländische Einkünfte für einen bestimmten Zeitraum. Gleichwohl hat die Entscheidung sowohl mit Blick in die Zukunft als auch in die Vergangenheit hohe praktische Relevanz. Viele Staaten locken vermögende Privatpersonen und qualifizierte Fachkräfte mit steuerlichen Sonderregelungen für Zuwanderer, welche nach den Vorgaben des BFH als Vorzugsbesteuerung zu qualifizieren sein könnten [Verweis auf unsere Newsletter Sonne statt Steuern und Sonne statt Steuern 2.0]. Personen, die bereits ausgewandert sind, müssen ihre inländischen Steuererklärungen prüfen, ob „nicht ausländische Einkünfte“ zutreffend erfasst sind. Unter Umständen sind Nacherklärungen abzugeben, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Bei künftigen Wegzügen muss § 2 AStG in den Planungen berücksichtigt werden. 

Haben Sie Fragen in Zusammenhang mit dem Wegzug ins Ausland? Sprechen Sie uns gerne an.