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Zehnt – der Steuerblog
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BFH: Zum Begriff des Betriebs gewerblicher Art (BgA)
Der BgA ist der Zentralbegriff für Ertragsbesteuerung der öffentlichen Hand. Seine Anwendung bereitet oft erhebliche Probleme.
Der V. Senat hat die Körperschaftsteuer der öffentlichen Hand seit Anfang 2024 vom I. Senat übernommen (vgl. WÄGER, DStR 2024, 548). Im Urteil vom 18.4.2024 bestätigt der V. Senat des BFH die Rechtsprechung des I. Senats zum Begriff des BgA.
Gesetzliche Grundlagen: § 4 Abs. 1, Abs. 5, § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG
Betriebe gewerblicher Art sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG). Die Absicht, Gewinn zu erzielen und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG). Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG.
Was ist eine „Einrichtung“? – weiter Begriff
Der Begriff der Einrichtung ist weit:
- Einrichtung ist jegliche Betätigung zur Erzielung von Einnahmen, die sich von der sonstigen Tätigkeit funktionell abgrenzen lässt. Dies erfolgt nach einer ausschließlich tätigkeitsbezogenen Betrachtungsweise und ungeachtet der Bezeichnung der Tätigkeit durch die Beteiligten.
- Eine funktionelle Einheit kann sich insbesondere aus einer besonderen Leistung, einem geschlossenen Geschäftskreis, der Buchhaltung oder aus einem ähnlichen, auf eine Einheit hindeutenden Merkmal ergeben. Eine Einrichtung liegt schon dann vor, wenn nur eines dieser Merkmale erfüllt ist.
Konkretisierung: Der Wettbewerbsgedanke
Im Weiteren konkretisiert der BFH den BgA vor allem in Abgrenzung zur hoheitlichen Tätigkeit. Hier greift er auf den Gedanken der Wettbewerbsrelevanz der öffentlichen Hand zurück – Tätigkeiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind jedenfalls dann steuerpflichtig, soweit sie wettbewerbsrelevant sind:
- Wettbewerbsrelevanz liegt vor, wenn die Körperschaft Aufgaben übernimmt, mit denen sie – und sei es auch ungewollt – in tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb zu privatwirtschaftlichen Unternehmen tritt. Davon ist auszugehen, wenn dieselbe Tätigkeit auch von privaten Unternehmen wahrgenommen werden kann.
- Entscheidend ist nicht der rechtliche Status des Anbieters einer Leistung, sondern ob er nach dem konkreten Inhalt seines Angebots, auf dem jeweils nach diesem Angebot zu bestimmenden relevanten Markt in einen potentiellen Wettbewerb mit Privaten tritt.
- Wettbewerbsrelevanz ist nur dann zu verneinen, wenn sich die Angebote ohne Einnahmeerzielungsabsicht in der Bereitstellung von Infrastruktur erschöpfen.
Anwendung auf öffentliche Kuranlagen
Im Streitfall war die Klägerin eine Stadt und ein anerkannter Luftkurort. Sie hatte unter anderem öffentliche Wege, Plätze und Stege dem BgA zugeordnet. Hier bedarf es genauer Feststellungen:
- Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, sind grundsätzlich dem Hoheitsbereich zuzuordnen.
- Ein öffentlicher Park wird grundsätzlich nicht mit Einnahmenerzielungsabsicht betrieben, wenn der Zugang nicht kontrolliert und kein Nutzungsentgelt erhoben wird.
- Ausnahmsweise kann es anders sein, wenn die Einrichtung Merkmale aufweist, die auf eine ganz überwiegende Nutzung gerade durch kurabgabenpflichtige Personen hinweisen.
Diese Tatsachen müssen – unter Rückgriff auf das Kommunalgesetz und -satzungen festgestellt werden. Daran fehlte es im Streitfall.
Praxishinweis
Der Begriff des BgA ist so zentral wie abstrakt und unbestimmt. In Streitfällen sollte ein erheblicher Teil der Arbeit der Sachverhaltsaufklärung gelten.