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Wichtige BFH-Entscheidung zur Optionsverschonung nach § 13a ErbStG!

Begünstigtes Unternehmensvermögen iSv. § 13b ErbStG bis zu einem Betrag von € 26 Mio. ist im Grundsatz zu 85 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (§ 13a Abs. 1 ErbStG). Auf Antrag ist das begünstigte Vermögen vollständig steuerfrei, sofern die Voraussetzungen des § 13a Abs. 10 ErbStG vorliegen (sog. Optionsverschonung). Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 ErbStG nicht zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13a Abs. 10 Satz 2 ErbStG).

Stellt der Steuerpflichtige einen Antrag auf Optionsverschonung, gewährt die Finanzverwaltung bislang die Regelverschonung, sofern die Voraussetzungen für die 100-prozentige Steuerbefreiung nicht vorliegen (vgl. R E 13a.21 Abs. 4 ErbStR 2019). 

Der BFH vertritt zur Rechtslage vor dem 1.7.2016 nun eine abweichende Rechtsauffassung (BFH vom 26.7.2022 II R 25/20). Hat der Steuerpflichtige den Antrag auf Optionsverschonung gestellt, obwohl die erforderliche Verwaltungsvermögensquote nicht vorliegt, soll er danach die Regelverschonung nicht in Anspruch nehmen können. Das Vermögen ist dann voll steuerpflichtig.

Die Entscheidung des BFH überzeugt mE nicht. Sie geht am Sinn und Zweck des Gesetzes, Unternehmer im Rahmen der Unternehmensnachfolge nicht mit Steuern zu belasten, vorbei. Zu hoffen ist daher, dass die Finanzverwaltung diese Entscheidung nicht anwendet oder zumindest Vertrauensschutz gewährt.

Auf die derzeitige Rechtslage ist diese Rechtsprechung hinsichtlich der Verwaltungsvermögensquote mE nicht übertragbar. Der Gesetzeswortlaut weicht ab. In § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. hieß es, dass bei einer Antragstellung die Vollverschonung „nach folgender Maßgabe gewährt wird:… in § 13b Abs. 2 Satz 1 tritt an die Stelle des Prozentsatzes für das Verwaltungsvermögen von 50 Prozent ein Prozentsatz von 10 Prozent;“. § 13a Abs. 10 ErbStG n.F. regelt in Satz 1 nach welcher Maßgabe bei einer Antragstellung die Vollverschonung gewährt wird. In Satz 2 heißt es dann: „Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung nach Satz 1 ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen nach § 13b Abs. 1 nicht zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen … besteht.“ ME spricht das dafür, dass in diesen Fällen der Antrag auf Optionsverschonung gar nicht gestellt werden kann. Stellt der Steuerpflichtige ihn trotzdem, geht er – entsprechend der oben dargelegten Verwaltungsauffassung – ins Leere. Der Steuerpflichtige kann dann mE (nur) die Regelverschonung in Anspruch nehmen. 
 
Bis zu einer Klärung dieser Rechtsfrage sollten Anträge auf Optionsverschonung nur/erst dann gestellt werden, wenn der Steuerpflichtige sicher ist, dass er die Voraussetzungen des § 13a Abs. 10 ErbStG erfüllt. Ist er sich nicht sicher, sollte der Antrag zunächst nicht gestellt und die Prüfung durch das Finanzamt abgewartet werden. Der Antrag kann bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft nachgeholt werden (R E 13a.21 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2019).
 

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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