Der Zehnt Aktuell

Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.

Newsletter abonnieren >

 

Stolperstein: Grundstückserwerb im Auftrag des Treugebers

Treuhandverhältnisse sind grunderwerbsteuerlich anspruchsvoll. In seinem Urteil vom 23.2.2021 II R 22/19, DStR 2021, 1703 zeigt der BFH auf, dass ein Grundstücksübergang sogar zu einer zweifachen Grunderwerbsteuerpflicht führen kann.

Sachverhalt

Im BFH-Fall war der Gesellschafter X sowohl an der A-GbR als auch an der B-GbR jeweils zu 94 % beteiligt. Die übrigen 6 % hielt bei der A-GbR der Y und bei der B-GbR der Z. Die A-GbR ist Eigentümerin eines Grundstücks. Die B-GbR beauftragt den Z das Grundstück von der A-GbR als Treuhänder auf Rechnung der B-GbR zu erwerben. Das Finanzamt setzte sowohl gegenüber Z, dem Treuhänder, als auch gegenüber der B-GbR, der Treugeberin, Grunderwerbsteuer fest. 

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigt die Entscheidung der Finanzverwaltung. Erwirbt ein Treuhänder im Auftrag des Treugebers ein Grundstück von einem Dritten, unterliegt nicht nur der Erwerb des Grundstücks durch den Treuhänder der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), sondern auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis durch den Treugeber (§ 1 Abs. 2 GrEStG). Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Die Treuhandabrede begründet eine solche Verwertungsbefugnis.

Nach Ansicht des BFH sind beide Erwerbsvorgänge im Hinblick auf Steuerbefreiungen und deren Umfang getrennt zu betrachten. Eine Zusammenschau lehnt er ab. Obwohl X an beiden GbRs zu 94 % beteiligt war, scheidet eine weitgehende Steuerbefreiung daher aus. Stattdessen entsteht zweimal Grunderwerbsteuer:

  • Für den Grundstückserwerb des Z von der A-GbR kommt keine Steuerbefreiung in Betracht, da Z nicht an der A-GbR beteiligt ist.
  • Auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis der B-GbR ist in fast vollem Umfang steuerpflichtig, da die Verwertungsbefugnis aufgrund des Treuhandvertrages erworben wird und nicht aufgrund des Grundstückskaufvertrages. Die B-GbR erlangt die Verwertungsbefugnis somit nicht von der A-GbR, sondern von Z. Da Z nur iHv. 6% an der B-GbR beteiligt ist, greift allein eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG, so dass auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis zu 94 % steuerpflichtig ist. 

Der auf Treuhandverhältnisse zugeschnittene Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 8 GrEStG ist ebenfalls nicht erfüllt. Es findet kein Rückerwerb des Treugebers statt, sondern die erstmalige Erlangung der Verwertungsbefugnis.

Gestaltungshinweis

Im vorliegenden Fall hätte sich das Gestaltungsziel deutlich günstiger erzielen lassen: Wenn im vorliegenden Fall erst eine Übertragung des Grundstücks von der A-GbR auf die B-GbR stattgefunden hätte, wären gemäß § 6 Abs. 1, 3 GrEStG 94% des Erwerbs steuerbefreit gewesen, da X an beiden Gesellschaften zu 94 % beteiligt war. Der anschließende Erwerb der Immobilie durch Z unter Beibehaltung der Verwertungsbefugnis zugunsten der B-GbR hätte zu einer Steuerbefreiung iHv. 6% gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG geführt. Es wäre damit in der Summe lediglich einmal Grunderwerbsteuer angefallen.

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn
Rabea Sasse
Rabea Sasse
Wissenschaftliche Mitarbeiterin