
Der Zehnt Aktuell
Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.
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Bei Anteilsverkäufen vereinbaren die Parteien nicht selten neben einem fixen Kaufpreis zusätzlich eine zukünftig fällig werdende, ggf. variable, Kaufpreiskomponente. Neben der „klassischen“ Ratenzahlung oder Kaufpreisstundung werden diese zukünftigen Kaufpreiskomponenten mitunter dem Grunde wie der Höhe nach unter die Bedingung weiterer Voraussetzungen gestellt. So wird die Entstehung solcher zusätzlichen Kaufpreiskomponenten bspw.an die Erreichung zukünftiger Umsatz- oder Gewinnkennzahlen (zB.: EBIT oder des EBITDA) angeknüpft.
Die ältere Rechtsprechung ging einheitlich davon aus, dass sämtliche dieser zukünftigen Kaufpreisbestandteile steuerlich rückwirkend (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) in dem Jahr zu erfassen sind, in dem das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen auf den Käufer übergeht.
Maßgeblich durch die Entscheidung des BFH vom 19.12.2018 ist im Hinblick auf umsatz- und gewinnbezogene zukünftige Kaufpreiskomponenten („Earn-Out-Klauseln“) eine Neujustierung erfolgt. Danach werden umsatz- und gewinnbezogene Kaupreiskomponenten grundsätzlich im Jahr des Zuflusses erfasst, unterliegen aber grundlegend gleichwohl den steuerlichen Sondervorschriften für die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns (zB. § 16, § 17, § 34 EStG, § 8b KStG).
Im Einzelnen:
Grundsätze
Generell haben sich mit Blick auf die steuerliche Behandlung nachträglicher Kaufpreisanpassungen – ausgehend von der Rechtsprechung im Bereich der Anwendung des § 16 EStG (BFH vom 19.7.1993 GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897; vom 21.9.1982 VIII R 140/79, BStBl. II 1983, 289; vom 12.3.2014 I R 55/13 BStBl. II 2015, 658, unter Hinweis auf BFH vom 22.12.2010 I R 58/10, BStBl. II 2015, 668) – nachstehende Grundsätze herausgebildet:
- Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt, und zwar nach dem Realisationsprinzip und nicht nach dem Zuflussprinzip.
- Der Veräußerungszeitpunkt ist nach dem Realisationsprinzip der Zeitpunkt, zu dem die eigene Leistung erbracht ist: Bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist dies der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an den übertragenen Anteilen.
- Der Veräußerungsgewinn entsteht auf diesen Veräußerungszeitpunkt.
Nachträgliche Veränderungen des Veräußerungspreises sowie nachträglich angefallene Veräußerungskosten wirken damit gewinnmindernd auf den Veräußerungszeitpunkt zurück, sofern die Kaufpreisanpassungsregelung, auf der die spätere Anpassung fußt, bereits im ursprünglichen Kaufvertrag enthalten und damit zum Veräußerungszeitpunkt verankert war (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
Besonderheiten für Earn-Out-Klauseln
Das FG Hamburg (FG Hamburg vom 19.9.2016 6 K 67/15, EFG 2016, 1987) und ihm folgend der BFH (BFH vom 19.12.2018 I R 71/16, GmbHR 2019, 913) haben die oben beschriebenen Grundsätze in Bezug auf nachträgliche Kaufpreisänderungen zwar bestätigt, kommen bezogen auf Earn-Out-Zahlungen aber zu einer differenzierenden steuerlichen Einschätzung. In dem dem Streitfall zugrunde liegenden Sachverhalt war eine im Veräußerungszeitpunkt weder hinsichtlich des Eintritts noch der Höhe nach sichere, umsatzabhängige Earn-Out-Zahlung vereinbart (zusätzlicher Kaufpreis war von der Anzahl an verkauften Navigationsgeräten durch das Unternehmen innerhalb der folgenden 25 Jahre abhängig).
Nach den Feststellungen des FG und des BFH werden auch Earn-Out-Zahlungen zwar weiterhin als Veräußerungsgewinn behandelt; Sondervorschriften (z.B. §§ 16, 34 EStG, § 17 EStG, § 8b Abs. 2, 3 KStG ) bleiben anwendbar. Die steuerliche Erfassung der jeweiligen Earn-Out-Zahlung erfolgt aber erst im Jahr des Zuflusses, wenn und soweit – so das FG und der BFH – der Anspruch auf die Earn-Out-Zahlung erst im Veranlagungsjahr des Zuflusses entstanden ist.
Die Entscheidungen sind zu Earn-Out-Klauseln ergangen, die der Höhe nach an die Erreichung zukünftiger Umsatz-/Gewinnparameter angeknüpft waren und aus diesem Grund bei Abschluss des Anteilskaufvertrags nicht nur dem Grunde nach, sondern auch der Höhe nach noch nicht bestimmbar waren. Höchstrichterliche Rspr, ob die Grundsätze der Zuflussbesteuerung auch für solche Earn-Out-Klauseln gelten, bei denen von Anfang an der konkrete Earn-Out-Betrag feststeht, die mithin nur dem Grunde, nicht aber der Höhe nach unsicher sind, existiert bislang nicht.
Hier wird es auf den Einzelfall ankommen, wie sicher die Entstehung der Zahlung dem Grunde nach im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist. UE werden in den typischen Fällen überwiegende Gründe dafür sprechen, von keiner Rückwirkung und damit von einer Zuflussbesteuerung auszugehen.
Beraterhinweis: Das Wissen um die steuerliche Erfassung von Earn-Out-Klauseln gehört damit zum Basiswissen des Steuerberaters, der Transaktionen begleitet. Hierbei kann im Hinblick auf die Steuerplanung aus Sicht des Veräußerers die bewusste Herbeiführung einer Zuflussbesteuerung zu einer steuerlichen Entzerrung der steuerlichen Belastung führen und damit aus Sicht des Veräußerers attraktives Steuergestaltungsmittel sein.