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Steuerfalle Fremdwährungskonten?
Mit BMF-Schreiben vom 19.5.2022 hat die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung zur steuerlichen Behandlung von Währungsgewinnen und -verlusten aus verzinslichen Fremdwährungskonten grundlegend geändert. Während diese Fälle ursprünglich als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 EStG iVm. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG behandelt wurden, sollen Währungsgewinne seither unabhängig von der konkreten Haltedauer der Kapitalforderung stets als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG der Besteuerung unterliegen. Dies führt zu erheblichen Auswirkungen in der Praxis, da die inländischen Kreditinstitute für diese Einkünfte spätestens ab 1.1.2025 die Kapitalertragsteuer an die Finanzverwaltung abführen und die Erträge in der Jahressteuerbescheinigung ausweisen müssen.
Im Einzelnen:
I. Nach der ursprünglichen Rechtslage unterlagen Gewinne und Verluste, die durch die Veräußerung von Fremdwährungsguthaben realisiert wurden, nur unter den Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 22 Nr. 2 EStG iVm. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG der Besteuerung. Danach sind Veräußerungen nur steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Folglich ließen sich alle außerhalb der steuerlichen Haltedauer von einem Jahr erzielten Gewinne aus Fremdwährungsanlagen steuerfrei realisieren. Etwaige steuerpflichtige Gewinne waren von den Steuerpflichtigen selbst zu ermitteln und in der Steuererklärung anzugeben, da sonstige Einkünfte iSd. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Abgeltungsteuer unterliegen.
II. Nach der geänderten Rechtsauffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 19.5.2022 (BMF-Schreiben vom 19.5.2022 IV C 1-S 2252/19/10003:009, FMNR202201137, BStBl. I 2022, 742, Rz. 131) sind Währungsgewinne und -verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer verzinslichen Kapitalforderung oder eines verzinslichen Fremdwährungskontos als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Abs. 4 Satz 1 EStG zu berücksichtigen. Dabei stellt jede Einzahlung oder Zinsgutschrift auf ein verzinsliches Tages-, Festgeld- oder sonstiges Fremdwährungskonto einen Anschaffungsvorgang dar. Im Fall der späteren Rückzahlung liegt ein veräußerungsgleicher Vorgang iSd. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG vor. Unerheblich soll sein, ob eine Fremdwährungskapitalforderung zugleich in Euro oder eine dritte Währung umgewandelt wird. Das Gleiche soll gelten, wenn die Fremdwährungskapitalforderung nach Fälligkeit erneut verzinslich angelegt wird oder auf ein anderes verzinsliches Konto bei demselben oder einem anderen Kreditinstitut umgebucht wird. Diese Vorgänge stellen nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung steuerlich eine Veräußerung der ursprünglichen Kapitalforderung und zugleich eine Anschaffung einer neuen Kapitalforderung dar.
III. Ausgenommen werden zum einen Währungsgewinne bzw. -verluste auf Zahlungsverkehrskonten (zB Girokonten), Kreditkarten und digitalen Zahlungsmitteln, da diese ausschließlich als Zahlungsmittel eingesetzt werden und es insoweit an der Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen fehlt. Zum anderen sollen Währungsgewinne bzw. -verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer Kapitalforderung oder eines unverzinslichen Fremdwährungsguthabens ausschließlich der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegen.
IV. Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Da die Einkünfte iSd. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, müssen inländische Kreditinstitute die Kapitalertragsteuer an die Finanzverwaltung abführen und die Erträge in der Jahressteuerbescheinigung ausweisen. Hierfür besteht eine Übergangsfrist bis 1.1.2025, dh. die inländischen Kreditinstitute müssen die Gewinne aus verzinslichen Fremdwährungskonten spätestens ab 1.1.2025 dem Kapitalertragsteuerabzug unterwerfen. Dies betrifft insbesondere Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden.
V. Die Einbeziehung von Währungsgewinnen und -verlusten aus Fremdwährungsguthaben bzw. aus verzinslichen Fremdwährungskonten in die Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 4 Satz 1 EStG ist kritisch zu sehen. Zum einen findet die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung keine Stütze im Gesetz. Zum anderen ergibt sich aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG, wonach bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger „Fremdwährungsbeträge“ zu unterstellen ist, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden, dass Fremdwährungsbeträge (auch in Form von Kontoguthaben oder Festgeldanlagen) zu den „anderen Wirtschaftsgütern“ iSd. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören. Aus unserer Sicht sind Währungsgewinne daher weiterhin nach den Grundsätzen eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 22 Nr. 2 EStG iVm. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zu behandeln. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die Finanzgerichte und der BFH hierzu positionieren werden. Die Rechtsbehelfsfragen müssen geklärt werden.
Beraterhinweis
Zu beachten ist, dass für Währungsgewinne aus vor dem 1.1.2025 angeschafften Kapitalforderungen regelmäßig kein Steuerabzug vorgenommen wird. Die Einkünfte müssen daher vom Anleger selbst ermittelt und gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Ob Währungsgewinne auch für die Vergangenheit offenzulegen sind, ist im Einzelfall zu prüfen. Jedenfalls muss die materielle Frage der Anwendbarkeit von § 20 Abs. 2 Nr. 7 EstG ausgestritten werden.