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Steuerfalle beim Trading mit Hebelwirkung (CFD) – Verfassungswidrig?

Verschiedene Online-Broker ermöglichen es Anlegern, Kapital mit Hebelwirkung über sog. Contracts for Differences (CFD) zu investieren. Für Privatanleger birgt der Handel mit CFD insbesondere aufgrund einer Beschränkung des Verlustabzugs erhebliche steuerliche Fallstricke. Ein Beschluss des BFH vom 7.6.2024 (VIII B 113/23) stellt – zu Recht – die Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung in Frage.   


I. Was sind CFD?

CFD sind Finanzinstrumente, mit denen Anleger auf die Preisbewegungen eines Basiswertes spekulieren können, ohne den Basiswert tatsächlich zu kaufen. Als Basiswert können etwa Aktien, Kryptowährungen, Edelmetalle oder Rohstoffe dienen. Durch den Einsatz von Hebeln können Anleger mit geringem Kapitaleinsatz hohe Gewinne, aber auch hohe Verluste erzielen. Die meisten CFD-Broker bieten Privatanlegern einen Hebel von bis zu 30 % an.

Beispiel: 

Wird auf den Kursanstieg einer Aktie mit einem Hebel von 1:30 unter Einsatz von € 100 spekuliert, vervielfacht sich der effektive Kapitaleinsatz durch den Hebeleffekt um das 30-fache von € 100 auf € 3.000. Steigt der Aktienkurs um 10 %, erzielt der Anleger € 300 statt € 10. Fällt der Kurs dagegen um 10 %, verliert der Anleger € 300 statt € 10. 

Diese Effekte machen CFD sowohl attraktiv als auch riskant.


II. Steuerliche Beschränkung der Verlustverrechnung 

Steuerlich gelten CFD als sog. Termingeschäfte. Für diese sieht § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG seit 2021 eine besondere Verlustausgleichsbeschränkung vor. Gewinne und Verluste aus CFD dürfen für Zwecke der Einkünfteermittlung nicht einfach saldiert werden. Zunächst sind die Gewinne aus den erfolgreich beendeten CFD und die Verluste aus den verlustträchtigen CFD getrennt zu ermitteln. Verluste aus CFD können sodann nur bis zu einem Betrag iHv. € 20.000 von den Gewinnen aus CFD abgezogen werden.

Erzielt ein Anleger in einem Veranlagungszeitraum (VZ 1) bspw. 

  • Gewinne iHv. € 60.000 und 
  • Verluste iHv. € 50.000 

beträgt das wirtschaftliche Ergebnis zwar € 10.000. Für steuerliche Zwecke können Verluste jedoch nur bis zu max. € 20.000 in VZ 1 mit Gewinnen ausgeglichen werden. Das steuerliche Ergebnis beträgt nach Abzug des Sparerpauschbetrags € 39.000 (€ 60.000 ./. € 20.000 [max. Verlustabzug] ./. € 1.000 [Spar-PB]) und unterliegt einer steuerlichen Gesamtbelastung (Einkommensteuer u. Soli) iHv. 26,375 %. Die Steuer beträgt € 10.286,25. Damit übersteigt die Steuerbelastung den wirtschaftlich tatsächlich erzielten Gewinn (€ 10.000).

Nicht ausgleichsfähige Verluste (im Beispiel € 30.000) kann der Anleger in spätere VZ vortragen. Auch hier gilt jedoch die betragsmäßige Verrechnungsbeschränkung.


III. Verfassungsrechtliche Bedenken 

Der Gesetzgeber begründet die Beschränkung – wenig überzeugend – mit einem lenkungspolitischen Zweck. Investitionsvolumen von Termingeschäften sollen vor dem Hintergrund der Verlustrisiken begrenzt werden (BT-Drs. 19/15876, S. 61). Der Zweck legitimiert den Bruch mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht. Dies hat kürzlich auch das FG Rheinland-Pfalz im Rahmen eines AdV-Beschlusses bestätigt und ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verrechnungsbeschränkung geäußert (FG Rheinland-Pfalz v. 5.12.2023 1 V 1674/23, EFG 2024, 378). Nunmehr bestätigte auch der BFH auf die Beschwerde der Finanzverwaltung mit Beschluss vom 7.6.2024 (VIII B 113/23) die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz. Es fehle ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung zwischen solchen Steuerpflichtigen, die Verluste aus Termingeschäften erzielen, und solchen mit Verlusten aus anderen Kapitalanlagen.

Die Beschlüsse des BFH und des FG Rheinland-Pfalz sind erfreulich. Eine finale Klärung der Verfassungsmäßigkeit durch das BVerfG wird gleichwohl noch Jahre auf sich warten lassen. 


IV. Betriebsvermögen

Betroffene Anleger können erwägen, den CFD-Handel in Form eines Gewerbebetriebs zu tätigen. Dazu kann sich die Gründung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft anbieten. Für gewerbliche Einkünfte gilt die betragsmäßige Verrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nicht. 

Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung von CFD-Handel? Kommen Sie gerne auf uns zu.

Dr. Klaus Olbing
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Eugen Mehlhaf
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate
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