Steuerblog


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Neue Beratungsfelder mit Steuerrisiken

Die Umsatzsteuer stellt Berater:innen stetig vor neue Herausforderungen, bietet aber auch neue Beratungsfelder. Dies gilt insbesondere für die zum 1.1.2025 neu eingeführten Regelungen für Kleinunternehmer. Was ist zu beachten, um Steuerrisiken zu vermeiden?

Das Umsatzsteuerrecht sieht für Kleinunternehmer neuerdings nach §§ 19, 19a UStG drei unterschiedliche Steuerbefreiungen bis zu € 100.000,-- pro Jahr vor, die teils alternativ, teils kumulativ beansprucht werden können. Grund hierfür ist die Europäisierung der Kleinunternehmerregelung: Die Steuerbefreiung kann entweder für das Inland und das EU-Ausland, nur für das Inland oder nur für das EU-Ausland greifen. Dem Steuerpflichtigen stehen insoweit diverse Wahlrechte und Gestaltungsmöglichkeiten zu. 

Es ist insoweit zwischen drei Typen von Kleinunternehmern zu differenzieren: im Inland ansässige Unternehmer mit Inlandsumsätzen, im Inland ansässige Unternehmer mit EU-Auslandsumsätzen sowie im EU-Ausland ansässige Unternehmer mit Inlandsumsätzen. Für diese drei Typen bestehen unterschiedliche Voraussetzungen in materieller und verfahrensrechtlicher Hinsicht, insbesondere unterschiedliche Umsatzgrößen und Erklärungspflichten. Auch ein unterjähriger Verlust der Begünstigung bei Überschreiten der Umsatzgrenzen ist nunmehr möglich. Hinzu kommt ua. ein neues besonderes Meldeverfahren für EU-Auslandsumsätze, zersplitterte Zuständigkeiten von Finanzämtern und dem Bundeszentralamt für Steuern sowie zahlreiche neue damit verbundene Fristen. 

Im Einzelfall kann es sich anbieten, die Ansässigkeit des Unternehmens wegen der höheren Steuerfreibeträge ins benachbarte EU-Ausland zu verlagern, mit der Möglichkeit, weiterhin im Inland steuerfreie Umsätze zu erzielen.

Die Kleinunternehmerregelung ist weiterhin rechtsformunabhängig, so dass nicht nur Einzelunternehmer, zB Freelancer, Influencer, Blogger, sondern ua. auch Personengesellschaften oder auch Körperschaften, wie zB GmbH, Vereine und Stiftungen, begünstigt sein können. Begünstigte Unternehmer aus dem Inland und EU-Ausland können jedoch auch auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten, insbesondere um in den Genuss eines Vorsteuerabzugs zu kommen. Aufgrund der oben skizzierten Kombinationsmöglichkeiten führt jedoch nicht jede Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung zum Verlust des Vorsteuerabzugs. 

Vor dem Hintergrund kann auch für große Unternehmen die Kleinunternehmerregelung im Einzelfall sinnvoll sein, zB ohne Anwendung im Inland mit Beanspruchung nur für das EU-Ausland, um den verfahrensrechtlichen Deklarationsaufwand im EU-Ausland zu minimieren und so Kosten einzusparen. 

Für Unternehmer, die kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen anbieten, wie zB Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, kann dies besonders erwägenswert sein. Denn insoweit sind mit § 3a Abs. 3 Nr. 3 und 5 UStG neue Ortsbestimmungen eingeführt worden, wonach zB für Online-Dienstleistungen im Bereich B2B und B2C stets das Empfängerortprinzip gilt. Anderes gilt für „konventionell“ erbrachte Darbietungen, so dass der Ort einer Veranstaltung danach teils im Inland, teils im Ausland liegen kann. 

Parallel zu den gesetzlichen Neuerungen gibt es ferner neue Vorgaben des EuGH zum Gestaltungsmissbrauch bei Beanspruchung der Kleinunternehmerbegünstigung, und zwar ohne dass die Vorgaben des § 42 AO erfüllt sein müssen (vgl. EuGH-Urteil vom 4.10.2024 – C-171/23 „UPCAFFE“, DStRE 2024, 1364). 

Die neuen Kleinunternehmerregelungen gewinnen somit an Komplexität und Bedeutung. Neue Beratungsfelder erschließen sich daraus für Steuerberater:innen. Diese sind somit gut beraten, sich vertieft mit den neuen Kleinunternehmerregelungen auseinanderzusetzen. So lassen sich auch Haftungsrisiken wegen der damit verbundenen Steuerrisiken vermeiden.

Erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die gesetzlichen Neuregelungen und erfahren Sie die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten und steuerlichen Fallstricke mit Handlungsempfehlungen anhand von typischen Praxisbeispielen, im Webinar mit mir als Referenten am 4. April 2025. Anmeldung hier: Webinar | Neue Kleinunternehmerregelungen zur Umsatzsteuer - Verlag Dr. Otto Schmidt KG

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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