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Steuerblog
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Happy Hour bei der verbindlichen Auskunft
BFH erweitert Anwendungsbereich der einheitlichen Gebühr
Nach § 89 Abs. 2 AO können die Finanzämter auf Antrag eine verbindliche Auskunft über die steuerliche Behandlung eines noch nicht verwirklichten Sachverhalts erteilen. Für die Bearbeitung eines solchen Antrags ist gemäß § 89 Abs. 3 Satz 1 AO eine Gebühr zu erheben.
Stellen mehrere Personen gemeinsam den Antrag, stellt sich die Frage: Entsteht die Gebühr mehrfach – oder nur einmal? Aus Sicht der Antragsteller ist Letzteres die wirtschaftlich günstigere Variante.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil (BFH vom 3.7.2025 IV R 6/23, nnv.) klargestellt, dass die Möglichkeit zur Erhebung nur einer einheitlichen Gebühr in deutlich mehr Fallkonstellationen besteht als bislang von der Finanzverwaltung angenommen.
I. Was galt bislang nach Auffassung der Finanzverwaltung?
Nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO ist nur eine Gebühr zu erheben, wenn eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt wird.
Die Finanzverwaltung hat diese Vorschrift bislang eng interpretiert. Nach dem Anwendungserlass zur AO heißt es:
„In den Fällen des § 1 Abs. 2 StAuskV wird nur eine Gebühr erhoben.“
(AEAO zu § 89, Tz. 4.1.2 Satz 4).
§ 1 Abs. 2 der Steuerauskunftsverordnung (StAuskV) benennt bestimmte Fallgruppen, in denen eine verbindliche Auskunft nur gemeinschaftlich beantragt werden darf, insb.:
- Fälle der gesonderten und einheitlichen Feststellung (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO),
- Organschaftsfälle (KSt, GewSt, USt),
- bestimmte Umwandlungsvorgänge.
Nur in diesen Konstellationen wurde nach bisheriger Verwaltungssicht eine einheitliche Gebühr zugelassen. In allen anderen Fällen kam es zur gebührenrechtlichen Vervielfachung, selbst wenn einheitlich beantragt und entschieden wurde.
II. BFH: Warum § 89 Abs. 3 AO nicht durch die StAuskV eingeschränkt wird
Der BFH hatte nun über Konstellation zu entscheiden, die sich nicht unter § 1 Abs. 2 StAuskV einordnen ließ.
Eine Gruppe von Gesellschaftern hatte gemeinsam eine mehrstufige Umstrukturierung geplant. Die Beteiligten wollten ihre Anteile an einer Holdinggesellschaft in eine neue GmbH & Co. KG einbringen und anschließend in eine GmbH formwechseln. Trotz gemeinsamer Antragstellung und inhaltsgleicher Erteilung der verbindlichen Auskunft an alle Beteiligten, setzte das Finanzamt gegenüber jedem Beteiligten jeweils eine Gebühr fest.
Der BFH urteilte, dass nur eine Gebühr festzusetzen ist. Der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO ist nicht auf die in § 1 Abs. 2 StAuskV geregelten Fälle beschränkt. Diese Einschränkung lässt sich dem Wortlaut von § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nicht entnehmen (BFH IV R 6/23, Rz. 26).
Maßgebend ist allein, ob die verbindliche Auskunft den Klägern gegenüber tatsächlich einheitlich erteilt worden ist (Rz. 26 ff.).
III. Welche Folgen hat das BFH-Urteil für die Praxis – und wie sollte der Antrag jetzt formuliert werden?
Die Entscheidung eröffnet erhebliches Kostensenkungspotenzial für Gruppenanträge. Auch in Fällen außerhalb der klassischen Feststellungs- oder Organschaftskonstellationen kann künftig eine einheitliche Gebühr beansprucht werden.
Aus Beratersicht ist bereits bei der Antragstellung darauf hinzuwirken, dass das Finanzamt eine einheitliche Auskunft iSv. § 89 Abs. 3 Satz 2 AO erteilt. Insbesondere sind folgende Punkte zu beachten:
- Der Antrag sollte ausdrücklich gemeinsam als Gruppenantrag gestellt werden (BFH IV R 6/23, Rz. 4 f.).
- Es sollte herausgestellt werden, dass dem Antrag ein einheitlicher Sachverhalt zugrunde liegt, der von allen Antragstellern übereinstimmend verwirklicht werden soll (vgl. BFH IV R 6/23, Rz. 5).
- Dem Antrag sollte mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, dass die vom FA begehrte Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen verbindlich sein soll (Rz. 38).
- In mehrstufigen Umstrukturierungsfällen sollte deutlich werden, dass die einzelnen Schritte zur Umsetzung des Vorhabens in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen (Rz. 38).
- Für den Anspruch auf Festsetzung einer einheitlichen Gebühr spricht es, wenn die Bescheide an die Beteiligten später tatsächlich inhaltsgleich ergehen (Rz. 41).


