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Steuerblog
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Fehlerhafte Lohnabrechnungen: Haftungsrisiken vermeiden
Das Landgericht Oldenburg hatte jüngst in zwei Fällen über die Frage der Steuerberaterhaftung gegenüber dem Arbeitgeber wegen fehlerhafter Lohnabrechnungen zu entscheiden (Urteile vom 25.5.2025 4 O 1179/24 und 4 O 1142/24).
I. Fehlende Steuer-Identifikationsnummer
Streitpunkt war § 39c EStG bei fehlender Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) der Arbeitnehmer. Nach dieser Vorschrift darf der Arbeitgeber bei fehlender Steuer-ID der Arbeitnehmer zunächst die voraussichtliche Steuerklasse ansetzen (bei einer Vollzeittätigkeit ist das idR die Steuerklasse I). Dieser Ansatz ist jedoch nur für drei Monate zulässig. Danach muss zwingend und rückwirkend Steuerklasse VI angewandt werden, sofern keine Steuer-ID vorliegt.
II. Entscheidung
Das Gericht ließ offen, ob die Steuerberaterkanzlei gegen ihre Pflichten verstoßen hat, indem sie entgegen § 39c Abs. 1 S. 1, S. 3 EStG nicht (rückwirkend) auf eine (Nach-) Versteuerung der Löhne der Arbeitnehmer nach Steuerklasse VI hingewirkt hat, als nach drei Monaten keine Steuer-ID der Arbeitnehmer vorlag.
Es verneinte einen ersatzfähigen kausalen Schaden. Den Klägern stünden nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gegen ihre Arbeitnehmer Rückerstattungsansprüche hinsichtlich der zu viel gezahlten Lohnsteuer zu. Sie hätten keine ausreichenden Bemühungen unternommen, ihre Arbeitnehmer im Anspruch zu nehmen. Es sei nicht hinreichend konkret vorgetragen, wann und mit welchen Maßnahmen die Kläger versucht hätten, ihre Arbeitnehmer auf Erstattung der zu viel abgeführten Lohnsteuer in Anspruch zu nehmen. Ohne diesen Vortrag fehle es an der Darlegung eines kausalen Schadens.
III. Fazit und Praxishinweise
Die Entscheidung bringt zwar keine neuen haftungsrechtlichen Ansätze mit sich. Sie reiht sich in bereits vorhandene haftungsrechtliche Rechtsprechung zu dieser Thematik ein (vgl. etwa OLG Düsseldorf vom 19.12.2003 23 U 41/03) und überträgt diese zutreffend auch auf die vorliegende Konstellation.
Eine nähere Beleuchtung der Entscheidung erscheint gleichwohl lohnenswert. Sie zeigt, dass ein Arbeitgeber im Regressverfahren nur dann Erfolg haben kann, wenn er detailliert darlegt, dass und welche Schritte genau er zur Rückforderung der zu viel gezahlten Lohnsteuer unternommen hat. Unterbleibt dies, scheitert die Klage, selbst wenn ggf. eine Pflichtverletzung der Steuerberaterkanzlei vorliegt.
Zudem lassen sich der Entscheidung einige relevante Punkte zur Vermeidung von Haftungsrisiken in der Praxis der Lohnabrechnung entnehmen.
- Im Lohnabrechnungsmandat sollten Steuerberater konsequent prüfen, ob für neue Arbeitnehmer Steuer-ID vorliegen.
- Ist das nicht der Fall, sollten die Mandanten auf § 39c EStG, insbesondere den Regelfall der Anwendung der Steuerklasse VI, und auf die Folgen einer Beibehaltung der Steuerklasse I anstelle der Steuerklasse VI (ua. Haftung des Arbeitgebers für bislang nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer) hingewiesen werden. Zudem sollte bei den Mandanten eine konkrete Handlungsanweisung hinsichtlich der Lohnabrechnung angefordert werden.
- All dies sollte bestenfalls schriftlich erfolgen. Die schriftliche Korrespondenz sollte anschließend archiviert werden, damit der Steuerberater in einem etwaigen späteren Regressverfahren anhand der Unterlagen konkret schildern kann, wann und worüber der Mandant genau belehrt wurde und wie der Mandant darauf reagiert hat.


