Kontaktieren Sie uns gerne!

Steuerblog
Bleiben Sie informiert über aktuelle Entwicklungen in steuer- und steuerstrafrechtlicher Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur.
Ein Streit um des Kaisers Bart? - Entsperrung von Mobiltelefonen mittels Fingerauflegen
Der Bundesgerichtshof hat mit umfangreicher Begründung (erwartungsgemäß) entschieden, dass die zwangsweise Entsperrung von Mobiltelefonen auf der Grundlage von § 81b Abs. 1 StPO zulässig ist (BGH vom 13.3.2025 2 StR 232/24). Gleiches gilt nach Ansicht einzelner Gerichte für die Entsperrung mittels Face-ID, dh. das Vorhalten des Mobiltelefons vor das Gesicht des Betroffenen.
Die Entscheidung birgt in der Begründung keine Überraschung, zeitigt indes gleichsam für das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Konsequenzen. Auch hier gehören die Sicherung und Beschlagnahme von Mobiltelefonen zum absoluten Standardrepertoire der Ermittlungsbehörden. Insbesondere bei dem „Papierdelikt“ der Steuerhinterziehung fragt sich jedoch der geneigte Praktiker gelegentlich, welchen Erkenntnisgewinn sich die Ermittlungsbehörden aus der Sicherung (privater) Mobiltelefone versprechen, etwa wenn die Steuerverkürzung allein im betrieblichen Bereich zu verorten ist. An dieser Stelle ist die weitere Begründung des Bundesgerichtshofs zu vergegenwärtigen.
Nach Ansicht des BGH prüft der Ermittlungsrichter, so jedenfalls die Theorie, bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses, aufgrund welcher konkreten Beweismittel ein Tatverdacht gegen eine Person besteht und mit Blick auf welche potentiellen Beweismittel die Durchsuchung erfolgen soll. Aus dem Durchsuchungsbeschluss und aus den Verhältnismäßigkeitserwägungen müsse hervorgehen, dass die zur Aufklärung der Straftat erforderlichen Beweismittel gerade (auch) auf Mobiltelefonen vermutet werden und dass unter Berücksichtigung der Schwere der Straftat und der Erfordernisse der Untersuchung ein Zugang zum Inhalt der Kommunikationen oder zu sensiblen Daten auf einem Mobiltelefon unter Beachtung des damit verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in Beschuldigtenrechte gerechtfertigt ist.
Dadurch werde den Durchsuchungsbeamten eine entsprechende Richtlinie für die Vollstreckung des Durchsuchungsbeschlusses vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2023 – 1 BvR 58/23, Rn. 10). Zudem sei der besonderen Eingriffsintensität beim Zugriff auf Mobiltelefone Rechnung zu tragen. Steht die zu ermittelnde Straftat in keinem Bezug zum Mobiltelefon und/oder den darauf zu vermutenden Daten oder ist der mittels zwangsweise herbeigeführtem Fingerabdruck erlangte Datenzugriff aus anderen Gründen unter Berücksichtigung der Schwere der Straftat und der Erfordernisse der Untersuchung nicht gerechtfertigt, ist er nach der Strafprozessordnung unzulässig.
Die Verteidigung wird Durchsuchungsbeschlüsse künftig hinsichtlich der Sicherung von Mobiltelefonen kritisch beäugen und es bleibt zu hoffen, dass die reflexartige Sicherung und Beschlagnahme von Mobiltelefonen unterbleibt. Dies auch, weil die aktuell zu verzeichnenden Bearbeitungszeiten, was die forensische Sicherung und Rückgabe an den Betroffenen angehen, nicht ansatzweise mit dem strafrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz konform gehen. Teils beträgt die Zeit hierfür mehr als ein Jahr.
Fazit
Die juristische Messe um die Entsperrung von Mobiltelefonen mittels Fingerauflegen ist gelesen. Nach Lage der Dinge ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof für den Fall der Entsperrung mittels Face-ID ähnlich entscheiden wird. Beweisverwertungsverboten erteilt der Bundesgerichtshof in der Entscheidung gleichsam eine Absage.
Was tun, wenn die Fahndung kommt?
Gegen eine Weigerung im Rahmen der Durchsuchung Mobiltelefone zu entsperren, sprechen neben der Entscheidung des BGH bereits praktische Erwägungen. Im Rahmen der Durchsuchung dürfen Beamte aufgefundene Zugangsdaten verwenden. Weigert sich der Betroffene, ist auch ohne Entsperrung in den meisten Fällen eine Sicherung der auf dem Mobiltelefon befindlichen Daten mittels spezieller Software möglich. Der Nachteil hierbei ist jedoch eine Beschlagnahme und Zerstörung des Geräts.
Last but not least:
Weigern sich Betroffene, weckt dies die Neugier der Fahndung umso mehr und birgt stets das Risiko „freiheitsbeschränkender Missverständnisse“, sprich der Untersuchungshaft wegen befürchteter Verdunkelung.
Haben Sie Fragen zum Ablauf einer Durchsuchung und wie Sie sich verhalten sollen? Sprechen Sie uns gerne an und wir lassen Ihnen unser Handout zukommen.