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Sonne statt Steuern? Der Umzug nach Spanien wird steuerlich attraktiver

Seit dem Jahreswechsel lockt Spanien sog. Digitale Nomaden mit der Erweiterung der steuerrechtlichen Sonderregelung für Zuwanderer (Flat Tax von 24 % und Steuerfreiheit für ausländische, dh. nicht aus Spanien stammende Einkünfte). Die Neuerungen und mögliche Auswirkungen des Wegzugs aus Sicht der deutschen Wegzugsteuer beleuchten wir zusammen mit Rafael Villena Badia, Partner der Kanzlei Selier Abogado, Madrid.

Die Neuregelung trat zum 1.1.2023 in Kraft und ist Teil eines Gesetzespakets zur Förderung von Start-Ups. Bereits im Jahr 2005 hatte Spanien ein steuerliches Sonderregime für Einwanderer eingeführt, die sog. Lex Beckham, benannt nach dem Fußballer, der als einer der ersten von den Vorteilen profitierte. Nun wurde der Anwendungsbereich erweitert. Während bislang vor allem nach Spanien entsendete Arbeitnehmer in den Genuss der Regelung kamen, darf nun jeder Arbeitnehmer der aus seinem – nach Spanien verlagerten – Homeoffice arbeiten kann, die Regelung in Anspruch nehmen.

I. Die Vorteile

Die Regelung verhindert die unbeschränkte Steuerpflicht in Spanien. Personen, die in Spanien steuerlich ansässig werden und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, unterliegen auf Antrag der spanischen Einkommensteuer nur mit 

  • ihren weltweiten Arbeitnehmereinkünften und 
  • ihren aus Spanien stammenden Einkünften. 

Die Steuer beträgt 24 %, soweit die Einkünfte € 600.000,-- nicht übersteigen (übersteigende Beträge werden mit 47 % besteuert). Für bestimmte Einkünfte aus spanischem Kapitalvermögen gilt ein besonderer Tarif (19 % - 26 %). Einkünfte, die nicht aus Spanien stammen und keine Arbeitnehmereinkünfte sind, unterliegen in Spanien keiner Besteuerung. Bezieht bspw. ein Zuwanderer Arbeitnehmereinkünfte iHv. € 500.000,-- (die Herkunft spielt keine Rolle) und daneben Miete aus Deutschland iHv. € 250.000,-- oder Dividenden aus Dubai iHv. € 750.000,-- unterliegen nur die Arbeitnehmereinkünfte der Besteuerung mit 24 %. Der Rest bleibt in Spanien steuerfrei. Das gilt unabhängig davon, ob die ausländischen Einkünfte in dem jeweiligen Quellenstaat besteuert werden. Im Beispielsfall bleiben die Mieteinkünfte in Deutschland steuerpflichtig.

Die spanische Vermögenssteuer findet nur auf das in Spanien belegene Vermögen Anwendung. Im Bereich des spanischen Erbschafts- und Schenkungsteuerrechts gilt die Privilegierung allerdings nicht.Die Regelung gilt im Jahr der Begründung der steuerlichen Ansässigkeit sowie in den fünf Folgejahren. Der anschließende Verbleib in Spanien ist nicht erforderlich. 

II. Voraussetzungen

Neben der Begründung der steuerlichen Ansässigkeit in Spanien (Aufenthalt > 183 Tage innerhalb eines Kalenderjahres) bedarf es folgender Voraussetzungen:

1. Der Steuerpflichtige darf in den letzten 5 Jahren vor dem Zuzug nicht in Spanien steuerlich ansässig gewesen sein.  

2. Der Umzug muss aus einem der folgenden Gründe erfolgen:
a) Anstellung durch ein spanisches Unternehmen (auf Profisportler findet die Regelung keine Anwendung mehr).
b) Entsendung durch den Arbeitgeber nach Spanien.
c) Fernarbeit als Arbeitnehmer von Spanien aus (neu seit 2023). Nach dieser Erweiterung für sog. digitale Nomaden steht das Regime jedem zur Verfügung, der als Arbeitnehmer aus dem spanischen Homeoffice arbeiten kann. 
d) Ernennung zum Geschäftsführer einer spanischen Kapitalgesellschaft, unabhängig von der prozentualen Beteiligung an der Gesellschaft (bis 2023 nur bei einer Beteiligung von weniger als 25 % möglich). Das gilt nicht bei Gesellschaften, die nur passive Einkünfte erzielen; in diesen Fällen muss die Beteiligung weiterhin weniger als 25 % betragen.
e) Unternehmerische Betätigung iSd. neuen spanischen Start-Up Gesetzes (neu seit 2023). Das Start-Up Gesetz soll insbesondere junge technologiebasierte Unternehmen fördern. 
f) Selbständige Tätigkeit, die selbst die Voraussetzungen des neuen spanischen Start-Up Gesetzes nicht erfüllt, bei der jedoch Leistungen für ein Unternehmen iSd. Start-Up Gesetzes erbracht werden (neu seit 2023). Voraussetzung ist, dass die Einkünfte aus dieser Tätigkeit mehr als 40% des Jahreseinkommens ausmachen.

3. Neben den vorstehend bezeichneten Tätigkeiten darf keine andere Betätigung ausgeübt werden, die als Betriebsstätte zu qualifizieren wäre. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Nutznießer des Sonderregimes keine Vorteile gegenüber anderen Steuerpflichtigen außerhalb des Anwendungsbereichs der Sonderregelung erhalten.

III. Wegzugsbesteuerung

Vorsicht beim Wegzug aus Deutschland ist ua. geboten, wenn wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften iSv. § 17 EStG gehalten werden. Es droht die Wegzugssteuer, dh. die Besteuerung fiktiver Veräußerungsgewinne nach § 6 Abs. 1 AStG. Sie greift bei Anteilen im Privatvermögen, wenn

  • die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beendet wird,
  • Anteile unentgeltlich auf einen nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen übertragen werden oder 
  • das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Beteiligung eingeschränkt oder ausgeschlossen wird.

Werden Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland infolge des Wegzugs nach Spanien aufgegeben, wird die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beendet und die Wegzugsteuer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AStG ausgelöst. 
Behält der Auswanderer einen Zweitwohnsitz und damit die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bei, dürfte der Umzug nach Spanien unter Lex Beckham die Wegzugsteuer in der Regel nicht auslösen. Insbesondere wird das deutsche Besteuerungsrecht nicht zugunsten eines spanischen Besteuerungsrechts iSv. § 6 Abs. 1 Nummer 3 AStG eingeschränkt. Für die Frage, ob das deutsche Besteuerungsrecht eingeschränkt wird, kommt es auf das DBA zwischen Spanien und Deutschland an. Art. 13 Abs. 6 des DBA weist das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen (vorbehaltlich Gesellschaften, deren Aktivvermögen zu mind. 50 % unmittelbar oder mittelbar aus spanischem Grundbesitz besteht) dem Ansässigkeitsstaat iSd. DBA zu. Die Ansässigkeit bestimmt sich nach Art. 4 des Abkommens. Wird die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beibehalten, bleibt Deutschland unter Lex Beckham der Ansässigkeitsstaat iSv. Art. 4 DBA Spanien. Eine abkommensrechtliche Ansässigkeit in Spanien wird unter Lex Beckham nicht begründet (Protokoll II zum DBA Spanien-Deutschland). Diese setzt die unbeschränkte Steuerpflicht voraus. Eine solche besteht in Spanien unter Lex Beckham gerade nicht. Das Besteuerungsrecht bleibt in Deutschland.

Wird die Wegzugsbesteuerung vermieden, indem ein Wohnsitz in Deutschland behalten wird, ist zu beachten, dass die unbeschränkte Steuerpflichtpflicht in Deutschland mit allen Konsequenzen verbleibt. Gleichwohl kann sich dieser Weg nach Spanien steuerlich lohnen: 

  • Zieht bspw. ein an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligter Arbeitnehmer unter Beibehalt einer Zweitwohnung in Deutschland nach Spanien und wird für seinen deutschen Arbeitgeber ausschließlich aus dem spanischen Homeoffice tätig, unterliegen die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Deutschland keiner Besteuerung. Da die Tätigkeit von Spanien aus erbracht wird, stellt Deutschland Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nach Art. 14 Abs. 1 iVm. Art. 22 Abs. 2 Buchst. a) unter Progressionsvorbehalt frei (BEHRENZ in Wassermeyer, DBA, Spanien, Art. 22 Rz. 14). 
  • Auch der sog. Treaty Override von § 50d Abs. 8 EStG begründet die Steuerpflicht nicht. Danach wird die Freistellung bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur gewährt, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, welchem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Der Nachweis der Besteuerung in Spanien kann geführt werden. Dass die Einkünfte im ausländischen Staat privilegiert besteuert werden, ist für den Treaty Override unbeachtlich. Maßgeblich ist allein, dass die Einkünfte besteuert werden, nicht jedoch inwieweit (FG Münster, Urt. v. 21.3.2019 – 6 K 2185/17 E, rkr, EFG 2019, 958). 
  • Im Ergebnis werden die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausschließlich in Spanien mit 24 % (bis € 600.000,--) besteuert. Dividenden der Kapitalgesellschaft bleiben in Deutschland steuerpflichtig. Die Wegzugsbesteuerung wird aber nicht ausgelöst, da die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beibehalten und das deutsche Besteuerungsrecht bzgl. der Gewinne aus dem Verkauf der Anteile nicht eingeschränkt wird. 

Aber: Bleibt der Steuerpflichtige über den Anwendungszeitraum von Lex Beckham in Spanien wohnen und begründet damit dort die unbeschränkte Steuerpflicht, kann in diesem Augenblick die deutsche Wegzugsteuer ausgelöst werden. 

Haben Sie Fragen im Zusammenhang mit einem (geplanten) Wegzug? Sprechen Sie uns gerne an.

Dr. Eugen Mehlhaf
Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht
Senior Associate
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Prof. Dr. Burkhard Binnewies
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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