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Der Zehnt Aktuell
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Schenkung ohne Wille zur Schenkung?
§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG: Ein Praxiskiller
Seit Einführung von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist umstritten, ob der nach dem Wortlaut der Norm uferlose Anwendungsbereich durch das Hineinlesen eines subjektiven Tatbestands beschränkt werden muss. Die Literatur fordert dies seit zehn Jahren. Die Finanzgerichte Sachsen und Münster sind dem gefolgt.
Mit den Entscheidungen vom 10.4.2024 (II R 22/21 und II R 23/21) hat der BFH dem Erfordernis eines subjektiven Tatbestands in § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine Absage erteilt. Diese Entscheidung ist für die Praxis ausgesprochen misslich. Hierdurch wird der in Teilen von Sinn und Zweck der Norm losgelöste uferlose Anwendungsbereich bestätigt. Danach führt jede Vermögensübertragung in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft, durch welche der Wert der Anteile der Gesellschafter steigt, zu einer Schenkung des Leistenden an die Gesellschafter.
Meines Erachtens ist § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG in der Praxis nicht sinnvoll handhabbar, ohne dass ein Wille zur Freigebigkeit oder jedenfalls ein Zuwendungsbewusstsein vorhanden ist. Mit den Entscheidungen vom 10.4.2024 lässt uns der BFH insoweit im Regen stehen.
Mit Urteil vom 19.6.2024 (II R 40/21) hat der BFH entschieden, dass eine Schenkung nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG jedenfalls dann ausgeschlossen werden kann, wenn in der Satzung der Kapitalgesellschaft für den Fall inkongruenter Einlagen eine Satzungsklausel vorhanden ist und die inkongruenten Einlagen den Gesellschaftern so zugeordnet werden, wie sie von diesen jeweils geleistet werden. Meines Erachtens bedarf es diesbezüglich keiner gesellschaftsvertraglichen Regelung, auch wenn die Finanzverwaltung diese stets fordert. Um den Streit mit der Finanzverwaltung zu vermeiden, sollte eine solche Regelung gleichwohl in jeder modernen Satzung einer Kapitalgesellschaft vorhanden sein.