Der Zehnt Aktuell

Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.

Newsletter abonnieren >

 

Rückwirkende Umwandlungen sind (mindestens) bis zum Jahresende möglich!

Im August herrscht regelmäßig Hochbetrieb bei den Notaren. Der Grund dafür ist folgender: Umwandlungen kann nur dann die auf den 31.12. des Vorjahres erstellte Bilanz zugrunde gelegt werden, wenn die Umwandlung bis zum 31.8. zum Handelsregister angemeldet wurde. Andernfalls ist für den Umwandlungsvorgang eine neue (unterjährige) Bilanz zu erstellen. 

Coronabedingt ist die Situation in diesem Jahr entspannter.

Verschmelzungen und Spaltungen dürfen im Grundsatz nur eingetragen werden, wenn zwischen dem Bilanzstichtag und dem Zeitpunkt der Anmeldung der Umwandlung zum Handelsregister nicht mehr als acht Monate vergangen sind (§§ 17 Abs. 2 Satz 4, 125 UmwG). Diese Frist hat der Gesetzgeber nun für das Jahr 2020 auf zwölf Monate verlängert (§ 4 COVMG, BGBl. I 2020, 569). Die Verlängerung der Frist gilt für alle Umwandlungen, die im Jahr 2020 angemeldet werden (§ 7 Abs. 4 COVMG, BGBl. I 2020, 569). Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) kann die Geltung dieser Regelung ggf. sogar bis zum 31.12.2021 verlängern (§ 8 COVMG, BGBl. I 2020, 569). 

Diese Änderung des Umwandlungsrecht wirkt über § 2 UmwStG auch steuerlich. Verschmelzungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften sind danach auch steuerlich mit Rückwirkung möglich, wenn die Anmeldung der Umwandlung bis zum 31.12.2020 (ggf. 31.12.2021) erfolgt. 

Für Einbringungsvorgänge nach §§ 20, 24 UmwStG und den Formwechsel gilt § 2 UmwStG allerdings nicht. Das Steuerrecht regelt die Rückwirkung insoweit eigenständig (§ 20 Abs. 6 UmwStG iVm. § 24 Abs. 4 UmwStG, § 9 Satz 3 UmwStG iVm. § 25 Satz 2 UmwStG). Die Änderungen des Umwandlungsrecht schlagen auf diese Umwandlungsvorgänge daher nicht unmittelbar durch. Auch diese Normen hat der Gesetzgeber nun aber modifiziert. Sie sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Zeitraums von acht Monaten ein Zeitraum von zwölf Monaten tritt, wenn die Anmeldung zur Eintragung oder der Abschluss des Einbringungsvertrags im laufenden Kalenderjahr 2020 erfolgt (§ 27 Abs. 15 Satz 1 UmwStG).

Sollte das BMJ die im Umwandlungsrecht geltende Frist bis maximal zum 31.12.2021 verlängern, können die steuerlichen Fristen durch das Bundesministerium der Finanzen ggf. entsprechend verlängert werden (§ 27 Abs. 15 Satz 2 UmwStG). Die Gesetzesänderung ist Teil des (ersten) Corona-Steuerhilfegesetzes, dem nach dem Bundestag am 5.6.2020 auch der Bundesrat zugestimmt hat. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt steht noch aus. 

Anders als in anderen Jahren bleibt für geplante Umstrukturierungen daher deutlich mehr Zeit. Projekte, die erst im Juli oder August beschlossen werden, müssen weder überstürzt umgesetzt noch ins Jahr 2021 verschoben werden. Gut so!
 

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn