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Neue Richtsatzsammlung für das Jahr 2023
Mit Schreiben vom 17.9.2024 hat das Bundesministerium der Finanzen die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2023 bekannt gegeben. Auf die ihr entgegengebrachte Kritik, die derzeit vom BFH geprüft wird, geht das BMF nicht ein.
Zum Hintergrund:
Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen, § 162 Abs. 1 Satz 1 AO. Dabei ist ein zweischrittiges Vorgehen zu beachten: Im ersten Schritt muss das Finanzamt seine Schätzung dem Grunde nach (Schätzungsbefugnis) herleiten. Im zweiten Schritt ist über die im konkreten Fall geeignete Schätzungsmethode zu entscheiden.
Im Hinblick auf die Wahl der Schätzungsmethode ist die Finanzverwaltung nach § 5 AO grundsätzlich frei (BFH vom 25.3.2015 X R 20/15, BStBl. II 2015, 743). Aufgrund der einfachen Handhabung erfreut sich die Schätzung anhand der amtlichen Richtsatzsammlung bei Betriebsprüfern besonderer Beliebtheit.
Trotz der seit langer Zeit erhobenen Kritik fand sich in finanzgerichtlichen Urteilen stets der Hinweis, die Anwendung der Richtsatzsammlung stelle eine anerkannte Schätzungsmethode nach den Grundsätzen des äußeren Betriebsvergleichs dar (vgl. etwa BFH vom 8.8.2019 X B 117/18; BFH/NV 2019, 1219). In seiner Beitrittsaufforderung an das BMF vom 14.12.2022 (X R 19/21, DStR 2023, 517) hat jedoch auch der BFH erhebliche Unsicherheiten skizziert. Die Entscheidung in dem zugrundeliegenden Revisionsverfahren steht weiterhin aus. Laut „Entscheidungsvorschau“ auf der Internetseite des BFH ist mit ihr noch in 2024 zu rechnen.
Derweil scheint das BMF von der Kritik unbeirrt. Erklärungen zu den vom BFH aufgeworfenen Fragen sucht man in den Vorbemerkungen zur Richtsatzsammlung für das Jahr 2023 sowie in dem dazu ergangenen BMF-Schreiben vom 17.9.2024 (IV D 3 - S 1544/19/10001 :011) vergeblich.
Beraterhinweis
Es ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung auch zukünftig Schätzungen auf Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlungen vornehmen wird. Bis zu einer endgültigen Entscheidung durch den BFH dürfte die Rechtmäßigkeit angesichts der Zweifel an der Aussagekraft der in die amtliche Sammlung eingespeisten Daten zumindest ernstlich zweifelhaft sein. Der Verweis auf das anhängige Verfahren gebietet uE deshalb die Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO).
Eine andere Auffassung hat zwar jüngst das FG Schleswig-Holstein (1 V 123/23, EFG 2024, 1459) vertreten. Sicher scheint sich das Gericht allerdings nicht zu sein. Wörtlich heißt es bereits im Leitsatz der Entscheidung:
„Es ergeben sich mithin im summarischen Verfahren auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung von Schätzungsbescheiden gegenwärtig noch keine ernstlichen rechtlichen Zweifel an der Zulässigkeit dieser Schätzungsmethode an sich.“
(Hervorhebung durch uns)
Die Entscheidung des BFH bleibt also mit Spannung zu erwarten.