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Löst die Barabfindung eines Gesellschafters Steuern bei den verbleibenden Gesellschaftern aus?

Die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen in eine Personengesellschaft ist zum Buchwert möglich (§ 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Maßgeblich ist dabei der Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens in der 

„Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter“.

Um die Buchwertfortführung zu erreichen, stehen den Steuerpflichtigen daher zwei Buchungsmethoden zur Verfügung: Die Brutto- und die Nettomethode. Tritt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft gegen eine Barzahlung in das Gesellschaftsvermögen bei, werden bei der Bruttomethode in der Gesamthandsbilanz die gemeinen Werte angesetzt. Die stillen Reserven werden zugleich in negativen Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter erfasst. In der Summe wird dadurch die Buchwertfortführung erreicht. Gleiches gilt bei der Wahl der Nettomethode. Dabei werden in der Gesamthandsbilanz die Buchwerte fortgeführt. Die vom eintretenden Gesellschafter erworbenen stillen Reserven werden in einer positiven Ergänzungsbilanz für diesen Gesellschafter festgehalten. In negativen Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter werden sie zugleich abgestockt. 

Die bisher ganz hM geht davon aus, dass beide Methoden zu den gleichen steuerlichen Ergebnissen führen. Dies soll nach Ansicht des FG Niedersachsen vom 9.9.2019 (3 K 52/17, BB 2020, 302, Rev. BFH IV R 27/19) anders sein, wenn ein Gesellschafter ausscheidet. Die Brutto- und die Nettomethode sollen in dem Fall zu unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen führen können. Wurde beim Eintritt des nun ausscheidenden Gesellschafters die Nettomethode angewandt, sollen die verbleibenden Gesellschafter danach einen Gewinn zu versteuern haben. Da die positive Ergänzungsbilanz des Ausscheidenden wegfalle, seien die negativen Ergänzungsbilanzen der verbleibenden Gesellschafter gewinnwirksam aufzulösen. 

Die hM in der Literatur sieht das (zu Recht) anders. Danach ist zwar die positive Ergänzungsbilanz des Ausscheidenden aufzulösen, die negativen Ergänzungsbilanzen der verbleibenden Gesellschafter bleiben jedoch bestehen. Für die hM spricht vor allem, dass nach der Auffassung des FG Niedersachsen die Wahl der Nettomethode - anders als die Bruttomethode - zu einer erheblichen Vorversteuerung der stillen Reserven führen würde. Dies ist nicht gerechtfertigt. Bei den beiden Darstellungsmethoden handelt es sich um reine Buchungstechniken ohne materiell-rechtliche Auswirkungen. Brutto- und Nettomethode müssen zum gleichen Ergebnis führen. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen durch die Wahl der Bilanzierungsmethode ein Wahlrecht über den Zeitpunkt der Versteuerung hätte an die Hand geben wollen.

Bis zu einer Entscheidung des gegen das Urteil anhängigen Revisionsverfahrens (BFH IV R 27/19), ist die Wahl der Bruttomethode gleichwohl der sicherere Weg. 

Weiterführende Literatur: STENERT, DStR 2020, 1776

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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