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Krypto und Steuern: Neues BMF-Schreiben veröffentlicht!
Rund ein Jahr nach Zirkulieren des Entwurfs im März 2024 (hierzu unser Blogbeitrag vom 8.3.2024) hat das BMF am 6.3.2025 ein überarbeitetes Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowerten veröffentlicht. Das neue Schreiben ersetzt das Schreiben vom 10.5.2022 (BStBl. I 2022, 668). Wir stellen die neuen Regelungen vor.
I. Überblick
Das neue Schreiben folgt im Wesentlichen dem bisherigen Aufbau: Auf einen Erläuterungsteil (Kapitel I) mit Definitionen und Sachverhaltsbeschreibungen folgen Ausführungen zur ertragsteuerlichen Einordnung bestimmter Kryptowerte (Kapitel II).
Diese beiden Kapitel enthalten kaum substanzielle Änderungen gegenüber dem bisherigen Schreiben. Sie wurden in erster Linie redaktionell angepasst und sprachlich präzisiert. Hervor sticht die einheitliche Verwendung des Begriffs „Kryptowerte“ anstelle der bisherigen – iE unpräzisen – Formulierung „virtuelle Währungen und sonstige Token“ (zur Begrifflichkeit Wollweber/Görlich, EStB 2024, 95, 96).
Zu den wenigen Ergänzungen in diesen Kapiteln gehören Ausführungen zur Funktionsweise von dezentralen Finanzmärkten (DeFi) und Smart Contracts (Rz. 20a), zu Transaktionsübersichten (Rz. 29a) und Steuerreports (Rz. 29b). Diese wurden gegenüber dem Entwurf vom Vorjahr zum Teil deutlich überarbeitet.
In materiell-rechtlicher Hinsicht hält die Finanzverwaltung an ihrer bisherigen Auffassung zu den dargestellten Sachverhalten fest. Hervorzuheben sind hier folgende Ergänzungen:
- Nichtbeanstandungsregel: Anstelle des sekundengenauen Kurswertes im Zeitpunkt der Anschaffung bzw. des Tausches darf der Tageskurs angesetzt werden (Rz. 43, 58, 64, 67, 69, 91).
- Bei privaten Veräußerungsgeschäften sind Werbungskosten auf steuerbare und nicht steuerbare Gewinne aufzuteilen (Rz. 57). Hier wäre eine Klarstellung wünschenswert gewesen, ob zB Steuerberaterkosten für die (nachträgliche) Ermittlung von Kryptogewinnen – abweichend vom Zufluss-/Abflussprinzip (§ 11 EStG) – auf die einzelnen Veranlagungszeiträume aufzuteilen sind oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses beim Steuerpflichtigen zu berücksichtigen sind.
Weggefallen sind die Ausführungen zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG (Rz. 88 und 89 des BMF-Schreibens vom 10.5.2022).
Neue Sachverhalte wurden – trotz erheblicher Praxisrelevanz – nicht aufgenommen. Nicht behandelt werden beispielsweise Non Fungible Token (NFTs, siehe Rz. 5 des Schreibens) oder das sog. Liquidity Mining. Auch die steuerliche Behandlung von Initial Coin Offerings (ICOs) beim Investor ist nach wie vor ungeklärt. Für diese Bereiche herrscht weiterhin Rechtsunsicherheit (näher Bertrand/Görlich, EStB 2024, 268, 269 f.)
Neu hinzugekommen ist eine ausführliche Darstellung zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten in Kapitel III des Schreibens (dazu sogleich unter II.).
II. Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten
Dieser Abschnitt stellt die wesentliche Neuerung gegenüber dem bisherigen Schreiben dar, das keinerlei Ausführungen zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten enthielt.
1. Allgemein
Zunächst stellt das BMF klar, dass die allg. Steuererklärungs-, Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten auch für Kryptosachverhalte[KS1] gelten (Rz. 87 und 88).
Besondere Bedeutung wird dabei regelmäßig den erhöhten Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten zukommen (§ 90 Abs. 2 AO), da sich die meisten Kryptobörsen außerhalb Deutschlands befinden. Die Finanzverwaltung verlangt hier den regelmäßigen und vollständigen Abruf von Transaktionsdaten zentraler Handelsplattformen (Rz. 89). Fehlende Aufzeichnungen und Datenverlust (zB wegen Insolvenz der Plattform oder aufgrund eines Hacker-Angriffs) gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen und berechtigen die Finanzverwaltung zur Schätzung (Rz. 92). Die erhöhten Mitwirkungspflichten gelten auch, wenn Kryptowerte über dezentrale Handelsplattformen gehandelt werden (Rz. 89). In der Praxis dürfte es vielen Steuerpflichtigen praktisch unmöglich sein, diese Vorgaben jedenfalls für bereits vergangene Zeiträume zu erfüllen.
Steuerreporte, die von vielen Auswertungstools bereitgestellt werden, können der Veranlagung zugrunde gelegt werden, wenn diese plausibel erscheinen (Rz. 90). Plausibel sind die Steuerreporte dann, wenn sie nicht offenkundig unvollständig, in sich schlüssig sind und nicht im Widerspruch zu sonstigen Erkenntnissen der Finanzbehörde stehen. Sie müssen zudem die Reporteinstellungen erkennen lassen (zB angesetzte Kurse, Verbrauchsfolgeverfahren etc.). Allfällige Anpassungen und Korrekturen müssen als solche erkennbar sein.
2. Kryptowerte im Betriebsvermögen
Für Kryptowerte im Betriebsvermögen ordnet das BMF-Schreiben die Geltung der außersteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten gemäß § 140 AO an, insbesondere die Geltung der GoB (Rz. 93 und 94). Außerdem finden die Aufzeichungs- und Aufbewahrungsvorschriften gem. §§ 145 ff. AO Anwendung (Rz. 96), ebenso die GoBD (97).
3. Kryptowerte im Privatvermögen
Die oben unter Punkt 1 dargestellten Mitwirkungspflichten gelten auch für Kryptowerte im Privatvermögen (Rz. 100).
Zusätzlich zu den Steuerreports kann die Finanzverwaltung die zur Erstellung der Steuerreports verwendeten Rohdaten anfordern, insbesondere Transaktionsübersichten und CSV-Dateien (Rz. 101), darüber hinaus gehend aber auch weitere Auflistungen, Tabellen und Übersichten, anhand derer sich die steuerlich relevanten Parameter ablesen lassen (Rz. 102 und 103).
Steuerpflichtige iSd. § 147a AO haben zusätzlich die dort verankerte Aufbewahrungsfrist von sechs Jahren zu beachten (Rz. 105). Die Summe der positiven Überschusseinkünfte von aktuell € 500.000,-- (ab 1.1.2027: € 750.000,--) kann bei Kryptosachverhalten schnell überschritten sein.
III. Anwendung
Das neue BMF-Schreiben ist ab dem Zeitpunkt seiner Veröffentlichung im Bundessteuerblatt I auf alle offenen Fälle anzuwenden. Für Kursbestimmungen und Aufzeichnungspflichten für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2024 sieht Rz. 106 eine Nichtbeanstandungsregelung vor. Insoweit darf auf die Regelungen in Rz. 43 und 58 des „alten“ BMF-Schreibens zurückgegriffen werden.
Fazit
Das neue BMF-Schreiben zeigt, dass das Thema Krypto immer stärker bei der Finanzverwaltung ankommt. Die Ankündigung in der Pressemitteilung, das Schreiben zukünftig sukzessive zu ergänzen, unterstreicht dies. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist das Schreiben jedoch noch sehr lückenhaft. Praxisrelevante Sachverhalte wie NFTs oder Liquidity Mining werden nicht behandelt. Hier besteht vielfach Rechtsunsicherheit. Die neu aufgenommenen Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten dürften viele Steuerpflichtige vor erhebliche Probleme stellen, da für die Vergangenheit Daten vielfach nicht mehr beschafft werden können. Um ggf. nachteiligen Schätzungen entgegenzuwirken, sind Steuerpflichtige gut beraten, sich regelmäßig die Rohdaten zu sichern.