Der Zehnt Aktuell
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Erstmals muss sich ein Finanzgericht mit der Frage befassen, wie Lending-Einnahmen steuerlich einzuordnen sind. Ein entsprechendes Verfahren ist derzeit beim Finanzgericht Köln unter dem Az. 5 K 194/23 anhängig.
Soweit der Sachverhalt bekannt ist, erzielte der Kläger Einnahmen aus Lending. Beim Lending werden Einheiten einer virtuellen Währung (vorliegend Bitcoin) Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassen. Als Entgelt für die Überlassung erhält der Verleiher Coins bzw. Token der gleichen oder einer anderen virtuellen Währung.
Das Finanzamt behandelte diese Entgelte als Sonstige Einkünfte iSd. § 22 Nr. 3 EStG.
Hiergegen wendet sich der Kläger. Seiner Auffassung nach seien virtuelle Währungen als „Fremdwährungen“ einzustufen. Die Erträge aus dem Verleih von Bitcoin unterlägen daher als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Abgeltungsteuer. Zur Begründung führte der Kläger an, dass Bitcoin in El Salvador den Status einer gesetzlichen Währung genieße und in einigen Kantonen der Schweiz (Zug, Lugano) als Zahlungsmittel für Steuern und Gebühren anerkannt seien.
1. Einkunftsart
Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterfallen Lending-Einnahmen, soweit die überlassenen Coins im Privatvermögen gehalten werden, den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG (BMF vom 10.5.2022, BStBl. I 2022, 668, Rz. 65). Das BMF sieht in der zeitweisen Überlassung von Coins, eine Leistung des Verleihers iSd § 22 Nr. 3 EStG.
Finanzgerichtliche Rechtsprechung liegt hierzu noch nicht vor. Die zur Besteuerung von Kryptowährungen ergangenen Entscheidungen betrafen durchweg die Grundsatzfrage, ob Kryptowährungen überhaupt als Wirtschaftsgüter anzusehen seien und einer Besteuerung unterlägen (vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 29.6.2019 13 V 13100/19, DStRE 2019, 1329; FG Nürnberg vom 8.4.2020 3 V 1239/19, DStR 2020, 1243; FG Baden-Württemberg vom 11.6.2021 5 K 1996/19, DStR 2022, 143; FG Köln vom 25.11.2021 14 K 1178/20, DStRE 2022, 667).
Diese Grundsatzfrage hat der BFH mit seiner Entscheidung vom 14.2.2023 abschließend geklärt (BFH vom 14.2.2023 IX R 3/22, BStBl. II 2023, 571). Gegenstand der Entscheidungen waren Gewinne aus der Veräußerung von Currency Token (Bitcoin, Ether, Monero) gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Zu weiteren Formen von Kryptogeschäften, insbesondere dem Lending, hat sich der BFH auch im Rahmen eines obiter dictum nicht geäußert.
Interessant ist im vorliegenden Kontext jedoch, dass der BFH eine strukturelle Vergleichbarkeit von Currency Token mit Fremdwährungen annimmt und solche Token wirtschaftlich betrachtet als „Zahlungsmittel“ ansieht. Insoweit folgt die Entscheidung der ständigen Rechtsprechung zur Behandlung von Fremdwährungsgewinnen, die der BFH bei den privaten Veräußerungsgeschäften und nicht bei den Kapitaleinkünften verortet (vgl. BFH vom 2.5.2000 IX R 74/96, BStBl. II 2000, 469; IX R 73/98, BStBl. II 2000, 614; vom 30.11.2010 VIII R 58/07, BStBl. II 2011, 491).
Seit der Neuveröffentlichung des Abgeltungsteuererlasses am 19.5.2022 (BStBl. I 2022, 742) behandelt die Finanzverwaltung Fremdwährungsgewinne in der Regel als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG (BMF vom 19.5.2022 aaO., Rz. 131). Vereinnahmte Zinsen unterwirft die Finanzverwaltung der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
2. Steuerliche Auswirkungen
Fasst man die Lending-Einnahmen mit dem BMF-Schreiben vom 10.5.2022 unter die Sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG), wären die Einnahmen bei Überschreiten der Freigrenze von € 256,-- pro Kalenderjahr bereits bei Zufluss steuerpflichtig und mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Mit Zufluss läge gleichzeitig eine Anschaffung im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor. Bei einer Veräußerung der Coins innerhalb der Spekulationsfrist unterläge ein etwaiger Veräußerungsgewinn wiederum der Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz.
Fasst man die Lending-Einnahmen indes unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG), unterlägen diese nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags gem. § 20 Abs. 9 EStG von aktuell € 1.000,-- (bei Zusammenveranlagung: € 2.000,--) der Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25% (RATSCHOW in Brandis/Heuermann, EStG § 20 Rz. 55 (Dezember 2022)). Bei Veräußerung der Coins wäre ein etwaiger Veräußerungsgewinn gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu besteuern; die Spekulationsfrist gilt hier nicht.
Mit Blick auf die Kursentwicklung speziell des Bitcoin in den vergangenen Jahren könnte die Erfassung der Lending-Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in vielen Fällen die steuerlich günstigere Variante darstellen.
Vor diesem Hintergrund darf man gespannt sein, wie das FG Köln entscheiden wird. Da das Verleihen von Coins gegen Entgelt in der Praxis sehr verbreitet ist, wäre eine Vielzahl von
Krypto-Anlegern von der Entscheidung betroffen. Sollte das FG die Klage abweisen, wäre eine gegen das Urteil eingelegte Revision daher wohl wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dann hätte der BFH zum zweiten Mal Gelegenheit, eine überaus praxisrelevante, streitige Krypto-Steuerfrage höchstrichterlich zu klären.
Berater sollten einstweilen die Steuerbescheide offenhalten und unter Berufung auf das anhängige Verfahren das Ruhen des Verfahrens beantragen (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO).
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