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Krypto und Steuern: Jetzt rollt die Sammelauskunftswelle der Finanzämter

- Akuter Handlungsbedarf für noch nicht erklärte Einkünfte -

Wer in den vergangenen Jahren insbesondere aus dem Handel mit Kryptowährungen und NFTs Einkünfte erzielt und diese bislang nicht erklärt hat, hat nunmehr akuten Handlungsbedarf. 

Die Landesfinanzbehörden sind in den vergangenen Monaten dazu übergegangen, Sammelauskunfts- und Vorlageersuchen an die bekannten Krypto-Handelsbörsen auf den Weg zu bringen (§§ 93 Abs. 1, 97 und 208 Abs. 1 Nr. 3 AO). Zwischenzeitlich haben die ersten Krypto-Börsen entsprechende Daten geliefert, dies regelmäßig ohne die davon betroffenen Kunden informiert zu haben. 

Erwartungsgemäß schließt sich nun die erste Welle der sogenannten „Goldene-Brücke-Schreiben“ an. So werden Steuerpflichtige beispielsweise aktuell von den Landesfinanzbehörden in NRW unter Hinweis auf die aus der Sammelauskunft vorliegenden Informationen aufgefordert, ihre möglicherweise nicht erklärten Einkünfte nachzuerklären.

Was sollten Betroffene jetzt tun? Hier unsere FAQ zum „Goldene-Brücke-Schreiben“:

1. Was ist ein „Goldene-Brücke-Schreiben“?

Es handelt sich dabei um ein Schreiben der Finanzämter bzw. Steuerfahndung, mit dem der Steuerpflichtige auf das mögliche Vorliegen bislang nicht erklärter steuerlicher Einkünfte hingewiesen wird. Zugleich wird durch ein solches Schreiben unter Fristsetzung aufgefordert, nunmehr vollständig die etwaig bislang nicht oder zu niedrig erklärten Einkünfte anzugeben. 

2. Das „Goldene-Brücke-Schreiben“ ist mir zugegangen: Kann ich jetzt noch eine Selbstanzeige abgeben? 

Rechtlich hängt dies vom Einzelfall ab, insbesondere von der Frage, ob bei den Finanzbehörden schon so viele Informationen vorliegen, dass von einer Tatentdeckung ausgegangen wird. Liegt Tatentdeckung vor und musste der Steuerpflichtige damit rechnen, schließt dies die wirksame Abgabe einer Selbstanzeige aus. 

Hier kommt nun aber die Handhabung der sogenannten „Goldene-Brücke-Schreiben“ durch die Finanzverwaltung ins Spiel: In der Regel, hierauf besteht allerdings kein Anspruch, wird von den Behörden von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen, wenn, nach Zugang eines solchen Schreibens, fristgerecht und vollständig die bisherigen Einkünfte gegenüber der Finanzbehörde angegeben werden. 
 
Die hieraus resultierenden Steuern und insbesondere Zinsen sind gleichwohl zu zahlen. 

3. Wann ist ein Antwortschreiben von mir vollständig? Welche Jahre muss ich angeben? Ist es erforderlich, für jede einzelne Transaktion die Zu- und Abgänge darzustellen? 

Grundsätzlich sollten im sogenannten Berichtigungsverbund alle Jahre offengelegt werden. Das bedeutet, dass zu einer Steuerart, hier beispielsweise der Einkommensteuer, Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten der letzten zehn vollen Kalenderjahre gemacht werden. Dieser, auch vom Umfang der verkürzten Steuern abhängige Zeitraum, kann sich gegebenenfalls verlängern, zB wenn Steuererklärungen sehr spät oder bislang gar nicht abgegeben worden sind. 

Im Grundsatz sollte hier die Einkunftsermittlung, gerade beim An- und Verkauf von Kryptowährung oder NFT´s jeweils für jeden Einzelfall erfolgen. Dies setzt bei größeren Transaktionszahlen voraus, dass Auswertungsprogramme benutzt werden, um die Daten automatisiert zusammenzustellen und steuerlich vorzusortieren.

4. Was mache ich, wenn ich die Daten meiner Plattform nicht so schnell erhalte, dass ich innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist antworten kann?

Hier bietet sich eine gestufte Vorgehensweise an. Auf der „ersten Stufe“ sollten innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist großzügig zu eigenen Lasten geschätzte Beträge mitgeteilt und zugleich die Konkretisierung der Zahlen binnen weiterer Frist („zweite Stufe“) angekündigt werden. 

Wichtig: Bereits die „erste Stufe“ stellt die eigentliche Selbstanzeige dar. Sie muss sämtliche Besteuerungsgrundlagen enthalten; nur die Höhe der Besteuerungsgrundlagen kann geschätzt werden. Ein Nachschieben von Besteuerungsgrundlagen auf der „zweiten Stufe“ macht die Selbstanzeige insgesamt unwirksam. 

5. Was passiert, wenn ich zu spät auf ein „Goldene-Brücke-Schreiben“ oder gar nicht reagiere? 

Das Finanzamt kann die Besteuerungsgrundlagen von Amts wegen ermitteln und auf Basis des Kontrollmaterials schätzen. Eine solche Schätzung kann zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausfallen. 

Abhängig vom Ermittlungsfortschritt tritt ab einem bestimmten Zeitpunkt Tatentdeckung ein. Diese begründet zugleich den Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung. Die Einleitung von Steuerstrafverfahren ist regelmäßig die Folge. In beiden Fällen ist eine Selbstanzeige gesperrt, dh. selbst eine an sich vollständige Selbstanzeige kann nicht mehr zur Straffreiheit führen.   

Oft werden beim Handel mit Kryptowährungen hohe Gewinne erzielt. Da sich die Strafzumessung bei Steuerhinterziehung maßgeblich an der Höhe des Steuerschadens orientiert, drohen hier schnell empfindliche Strafen. In besonders schweren Fällen, also zB bei einer Steuerverkürzung von mehr als € 50.000,-- pro Jahr, sieht das Gesetz Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren vor (§ 370 Abs. 3 AO). 

Die konkrete Ermittlung der Einkünfte aus dem Handel mit Kryptowährungen kann zum Teil sehr diffizil und rechtlich anspruchsvoll sein. Auf keinen Fall sollte man diese allein den gängigen Auswertungsprogrammen ohne Prüfung durch einen steuerlich versierten Experten überlassen. Schon die Frage, ob der Handel im Rahmen privater Veräußerungsgeschäfte erfolgt oder gegebenenfalls gewerbliches Handeln vorliegt, kann äußerst schwierig sein und zu ganz unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen führen. 

Sie haben Fragen? Gerne stehen wir vom Team Krypto/NFT von STRECK MACK SCHWEDHELM zur Verfügung. 

Michael Görlich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Giuseppe Vitale
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Christian Bertrand
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