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Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung im Fall der entgeltlichen Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

Gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird auf Antrag bei grundstücksverwaltenden Kapitalgesellschaften oder gewerblichen (bzw. gewerblich geprägten) Personengesellschaften, die -­ neben den explizit erlaubten, aber nicht begünstigten Tätigkeiten ­- ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen (begünstigte Tätigkeit), der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) um den Teil gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Mittels der erweiterten Gewerbesteuerkürzung lässt sich so eine vollständige Gewerbesteuerentlastung erreichen.

In der Praxis werden häufig im Rahmen der privilegierten Grundbesitzüberlassung - bewusst oder unbewusst - entgeltlich (bewegliche oder unbewegliche) Betriebsvorrichtungen mitvermietet. Betriebsvorrichtungen gehören gem. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG nicht zum begünstigten Grundbesitz (vgl. § 68 Abs. 1 BewG). In diesen Fällen ist fraglich, ob der eigene Grundbesitz gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG noch „ausschließlich“ verwaltet und genutzt wird, da vorbehaltlich anerkannter Ausnahmen durch die Rechtsprechung alle gesetzlich nicht erlaubten - uE entgeltlichen - Nebentätigkeiten kürzungsschädlich sind.

Der III. Senat des BFH hat mit Urteil vom 11.4.2019 (III R 36/15, Ubg 2019, 591 m. Anm. ALVERMANN/CREMERS) entschieden, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausscheide, wenn eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände - entgeltlich - mitvermiete, die als Betriebsvorrichtung zu qualifizieren seien. Die grundbesitzende Kapitalgesellschaft hat - so der III. Senat - auch Erträge erzielt, die nicht auf die Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen Sinne zurückzuführen seien. Nach Ansicht des III. Senats verstößt die (entgeltliche) Mitvermietung der betreffenden Betriebsvorrichtungen gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Laut dem III. Senat war für die Hotelvermietung die Mitvermietung der betreffenden Betriebsvorrichtungen nicht zwingend erforderlich im Sinne von „unentbehrlich“. Wegen des strengen Ausschließlichkeitsgebots käme auch eine allgemeine Geringfügigkeits- bzw. Bagatellgrenze nicht in Betracht. Ausnahmen wegen Geringfügigkeit seien weder aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) noch im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. Art. 3 Abs. 1 GG) geboten.

Praxishinweis: Die nach dem Beschluss des Großen Senats (vom 25.9.2018 GrS 2/16, FR 2019, 437 m. Anm. NÖCKER; CREMERS) erhoffte liberalere Auslegung und Anwendung der „Ausschließlichkeit“, insbesondere im Fall der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, ist nicht erfolgt: Die hier besprochene Entscheidung des III. Senats fügt sich - ebenso wie die datumsgleichen und im Wesentlichen inhaltsgleichen Entscheidungen des III. Senats (III R 5/18 und III R 6/18) - in die scheinbar immer noch vorherrschende enge Rechtsprechungslinie zur schädlichen - entgeltlichen - Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen ein. Im Anwendungsbereich der erweiterten Kürzung, insbesondere im Rahmen der „Ausschließlichkeit“, lauern daher auch weiterhin Fallstricke, die zu berücksichtigen sind. Auf Sachverhaltsebene sind das Aufspüren und die Einordnung von Betriebsvorrichtungen und deren spätere rechtliche Handhabung nicht nur äußerst rechtsunsicher, kostenintensiv und zeitaufwendig, sondern aufgrund der unterschiedlichen Sichtweise und Handhabung in der Praxis mit der Finanzverwaltung auch in hohem Maße streitbehaftet.

Gerade im Hinblick auf das isolierte Problem der „Schädlichkeit der entgeltlichen Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen“ im Kontext der „Ausschließlichkeit“ der erweiterten Gewerbesteuerkürzung ist uE in zwei Konstellationen das Risiko der Kürzungsschädlichkeit deutlich minimiert bzw. ggf. sogar gänzlich ausgeschlossen: Zum einen betrifft dies die Konstellation, dass - wie auch der III. Senat aufzeigt (siehe dazu Rz. 38 des Urteils) - die schädliche Aktivität der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen (präventiv) ausgelagert wird, um die Kürzungsschädlichkeit zu vermeiden. Zum anderen ist damit der Fall der unentgeltlichen Mitüberlassung von Betriebsvorrichtungen gemeint, der uE nicht kürzungsschädlich ist.

Weiterführende Literatur: ALVERMANN/CREMERS, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 11.4.2019 III R 36/15, Ubg 2019, 594 - 599.

Dr. Jörg Alvermann
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Sportrecht
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