Der Zehnt Aktuell

Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.

Newsletter abonnieren >

 

Keine erweiterte Kürzung bei gewerblich geprägten Personengesellschaften im Fall der Betriebsverpachtung?

I. Entscheidung des FG Düsseldorf vom 22.6.2022 2 K 2599/18 G

Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann der Gewerbeertrag von Grundstücksgesellschaften um den Teil gekürzt werden, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Inwieweit § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei einer Betriebsverpachtung durch eine ansonsten gewerblich geprägte Personengesellschaft greift, musste nunmehr das FG Düsseldorf entscheiden. Die Besonderheit des Falls lag darin, dass einziger verpachteter Gegenstand ein Grundstück war.

Dem Urteil lag - stark vereinfacht - folgender Sachverhalt zugrunde: Die ABC-KG betrieb bis Ende 1987 ein Autohaus. Einzige persönlich haftende und zur Geschäftsführung befugte Gesellschafterin war seit September 1987 die ABC-GmbH. Ende 1987 veräußerte die ABC-KG alle Wirtschaftsgüter des Autohauses an D und vermietete D das Betriebsgrundstück. Sie begehrt heute die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. 

Nach Ansicht des FG Düsseldorf liegen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht vor, da eine Betriebsverpachtung vorliege und die ABC-KG daher weiterhin gewerblich tätig sei. Der für das Autohaus genutzte Teil des bebauten Grundstücks sei die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des Autohauses. Eine Betriebsverpachtung ende auch grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf. Eine zeitliche Höchstgrenze für die Betriebsunterbrechung gebe es nicht.

II. Argumentation des FG Düsseldorf 

Der BFH hatte bereits entschieden, dass eine Nutzung von Grundbesitz im Rahmen einer Betriebsverpachtung grundsätzlich keine begünstigte Vermögensverwaltung iSd. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG darstellt. Bei einer Betriebsverpachtung werde nicht nur im Sinne einer typischen Vermögensverwaltung Grundbesitz, sondern der lebende Organismus des Betriebs verwaltet und genutzt. Mit seiner Verpachtung werde der Gewerbebetrieb in anderer Form fortgeführt, so dass sich die bisherige Einkünftequalifikation nicht ändere (BFH vom 14.6.2005 VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778).

An diese Rechtsprechung knüpft das FG Düsseldorf an. Dabei gesteht das FG ein, dass die ABC-KG eine Aufgabeerklärung nicht mit steuerlicher Wirkung hätte abgeben können. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft könne weder durch erklärte, noch durch tatsächliche Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter in ihr Privatvermögen überführen, weil sie nur gewerbliches Betriebsvermögen habe. Selbst wenn man annähme, dass die originär gewerbliche Tätigkeit mit der Betriebseinstellung enden würde, würde eine solche GmbH & Co. KG zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft und hätte weiterhin ausschließlich Betriebsvermögen. Zur Aufdeckung stiller Reserven komme es folgerichtig auch bei Aufgabe der werbenden Tätigkeit nicht. Der Umstand, dass der ABC-KG kein Verpächterwahlrecht zustand, stehe der Annahme einer Betriebsverpachtung jedoch nicht entgegen. Ausreichend sei, dass die verpachteten Wirtschaftsgüter objektiv geeignet sind, den Betrieb nach Beendigung der Nutzungsüberlassung wieder aufzunehmen.

III. Stellungnahme

UE überzeugt die Entscheidung nicht. Zwar hat auch der BFH im Falle einer gewerblich geprägten Personengesellschaft aufgrund einer Betriebsverpachtung die erweiterte Gewerbesteuerkürzung verneint (BFH vom 14.6.2005 VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778). Im BFH-Fall verpachtete die Gesellschaft jedoch neben dem Grundbesitz auch weitere Wirtschaftsgüter. Zu der Frage, ob eine Betriebsverpachtung auch dann schädlich ist, wenn die einzige verpachtete Betriebsgrundlage ein Grundstück ist, nahm der BFH bislang nicht Stellung. Die bisherigen Äußerungen sprechen uE für die Anwendbarkeit des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Wörtlich führt der BFH aus: 

„Nach der Zwecksetzung von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist eine derartige Betriebsverpachtung grundsätzlich deshalb nicht begünstigt, weil dabei nicht nur im Sinne einer typischen Vermögensverwaltung Grundbesitz, sondern der lebende Organismus des Betriebs, dh. typischerweise gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt wird ... Das wäre nur dann anders, wenn es sich bei dieser zusätzlichen Nutzung um eine Nebentätigkeit handeln würde, die als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist.“

IV. Beratungshinweise

In der Praxis stellt sich die Frage, wie die Steuerpflichtigen im og. Beispielsfall agieren müssten, wenn sie die erweiterte Gewerbesteuerkürzung in Anspruch nehmen wollen. Eine Aufgabeerklärung kommt nach Ansicht des FG nicht in Betracht. Sie machte uE auch keinen Sinn. Bis zu einer Klärung dieser Rechtsfrage sollte sie aber vorsorglich erklärt werden. 

Eine sicherere Lösung dürfte sein, den Grundbesitz (zB im Rahmen einer Realteilung oder nach § 6b EStG) auf eine beteiligungsidentische neue Personengesellschaft zu übertragen und die ursprüngliche Personengesellschaft aufzugeben. Praktikabel sind solche Gestaltungen jedoch nicht. Es bleibt daher zu hoffen, dass der BFH der Auffassung des FG Düsseldorf nicht folgt. Gegen eine ähnliche Entscheidung des FG Münster (vom 6.12.2019 14 K 3999/16 G, nv. (juris)). ist die Revision anhängig (BFH IV R 5/21). In dem Fall des FG Münster wurden allerdings auch Betriebsvorrichtungen mitüberlassen.
 

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Partner
LinkedIn