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Kapitalersetzende Darlehen: Licht und Schatten vom Gesetzgeber!

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2019 vom 30.7.2019 greift ua. die steuerliche Behandlung kapitalersetzender Darlehen auf. Gleich zweifach sieht der Gesetzgeber - ganz im Sinne eines Nichtanwendungsgesetzes - Bedarf, die Rechtsprechung des BFH zu korrigieren:

Der BFH hatte durch Urteil vom 11.7.2017 entschieden, mit Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG sei die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG entfallen (BFH vom 11.7.2017, IX R 36/15).

Der Gesetzgeber beabsichtigt - erfreulicherweise - im Entwurf nunmehr, einen neuen Absatz 2a in § 17 EStG einzuführen. Nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 EStG sollen - kraft gesetzlicher Definition - auch Darlehensverluste zu den Anschaffungskosten gehören, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war; gleiches gilt nach § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 EStG für Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.

Andererseits will der Gesetzgeber - unerfreulicherweise - mit Blick auf Darlehensausfälle bei den Einkünften aus Kapitalvermögen „nachbessern“. Mit Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) hatte der BFH erkannt, dass der (insolvenzbedingte) Ausfall einer privaten Darlehensforderung nach § 20 als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bei 10 %-Gesellschaften (§ 32d EStG) voll einkommensteuerlich abzugsfähig sei.

Nach Begründung der Bundesregierung im Gesetzesentwurf soll diese Auffassung des BFH nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 30.7.2019, S. 127): tatsächlich dürften allein fiskalische Interessen Anlass für die gesetzgeberische Gegensteuerung sein. Demgemäß soll nunmehr in § 20 Abs. 2 EStG ein neuer Satz 3 eingefügt werden. Danach soll keine (als Verlust berücksichtigungsfähige) Veräußerung vorliegen, im Falle

  • einer ganz oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung (Nr. 1),
  • einer Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 durch die die Kapitalerträge auszahlende Stelle (Nr. 2),
  • einer Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten (Nr. 3) oder
  • eines vergleichbaren Ausfalls von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG (Nr. 4).

Beraterhinweis: Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Weise vorstehend skizzierte Neuregelungen im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Die Änderungen hätten Licht und Schatten: Einerseits würden kapitalersetzende Darlehen, soweit sie von der von der nunmehr neu einzuführenden Fallgruppen erfasst sind, jedenfalls im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens mit 60 % abzugsfähig sein. Ein 100 %iger Abzug im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen wäre hingegen verwehrt. Generell sind allein fiskalisch motivierte Nichtanwendungsgesetze, wie sie in § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG-E angedacht sind, geeignet, die Systematik des Rechts sowie die Autorität und damit Akzeptanz der Rechtsprechung zu unterwandern; sie sind uE abzulehnen. Der Verstoß gegen die Systematik des Gesetzes und das Leistungsfähigkeitsprinzip zeigt sich vorliegend darin, dass bei Forderungen eine Asymmetrie zwischen steuerbaren Veräußerungsgewinnen und Veräußerungsverlusten geschaffen wird.

Prof. Dr. Burkhard Binnewies
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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