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Ist die echte Realteilung doch nicht umsatzsteuerbar?

Wird eine Personengesellschaft aufgelöst und werden die Vermögensgegenstände auf die Gesellschafter verteilt, liegt das Augenmerk des Beraters regelmäßig darauf, den Vorgang ertragsteuerlich neutral zu gestalten (zB nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG). Übersehen wird dabei häufig, dass diese sog. echte Realteilung auch umsatzsteuerliche Folgen haben kann. 

Nach bislang hM ist die echte Realteilung – sofern keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt (§ 1 Abs. 1a UStG) – ein umsatzsteuerbarer Vorgang der Personengesellschaft (vgl. etwa RFH vom 7.10.1932 V A 30/32, RStBl. 1933, 288; BFH vom 17.11.1960 V 170/58 U, BStBl. III 1961, 86; vom 20.2.2013 XI R 26/10, BStBl. II 2013, 464). Das Entgelt für die Überlassung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter besteht im Verzicht auf die dem Gesellschafter zustehende Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in Geld (vgl. RFH vom 7.10.193 2 V A 30/32, RStBl. 1933, 288; BFH vom 19.6.1969 V R 12/66, BStBl. II 1969, 572).

Entsprechend muss die realgeteilte Personengesellschaft ihren Gesellschaftern eine Rechnung stellen (vgl. auch OSSINGER, EFG 2021, 1509). Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich in der Praxis nach dem gemeinen Wert der übertragenen Vermögensgegenstände (vgl. dazu auch FG Rheinland-Pfalz vom 4.9.1986 3 K 299/85, nv. (juris)).

Dieser Rechtsprechung stellt sich das FG Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 26.7.2019 (5 K 71/19, EFG 2021, 1509) nun entgegen. Es verneint einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch. Dieser setze voraus, dass der Leistende aufgrund seiner Leistung eine Gegenleistung erhält. Bei der echten Realteilung übertrage aber nicht die Personengesellschaft Vermögensgegenstände und erhalte im Gegenzug Gesellschaftsanteile übertragen. Vielmehr bewirke die Auseinandersetzung der beiden Gesellschafter im Wege der Realteilung, dass die vormalige Gesellschaft und damit auch die Gesellschaftsanteile nicht mehr fortbestehen. Der Wegfall der Gesellschaftsanteile sei Folge der Realteilung; eine entgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen finde in einem derartigen Fall nicht statt. Werde seitens der Personengesellschaft gleichwohl eine Rechnung erteilt, sei dies eine solche iSd. § 14c UStG. 

Beratungshinweis: Die Begründung lässt sich hören. ZT wird auch in der Literatur ein entgeltlicher Vorgang verneint (vgl. etwa WÄGER, UR 2012, 911).  Sie widerspricht jedoch der bisherigen Rechtsprechung. In der Gestaltungsberatung ist daher im Grundsatz weiterhin davon auszugehen, dass die Realteilung umsatzsteuerbar ist. Dort, wo die Steuerbarkeit übersehen wurde, dh. in der Abwehrberatung, kann die Entscheidung des FG Niedersachsen aber durchaus hilfreich sein – auch wenn sie leider eine Auseinandersetzung mit der gegenteiligen hM vermissen lässt. Die Revision beim BFH ist anhängig (Az. BFH V R 3/21).

Weiterführende Literatur: Stenert, Die Realteilung im Umsatzsteuerrecht, DStR 2018, 765.

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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