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Das BMF verschärft Gangart bei Kryptowährungen

Während sich der Bitcoin derzeit durch jüngste Cyberattacken auf Talfahrt befindet und El Salvador als erstes Land weltweit den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel einführen will, plant das BMF einen einheitlichen Rahmen für die Besteuerung von Kryptowährungen. Es hat einen Entwurf vorgelegt, der strengere Vorgaben für die Anleger vorsieht. In dem am 17.6.2021 veröffentlichten Entwurf werden vom BMF Begrifflichkeiten aus dem Bereich der Kryptowährungen erläutert und anschließend eine ertragsteuerliche Einordnung vorgenommen.

1. Das BMF beabsichtigt virtuelle Währungen, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert werden und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen, als digital dargestellte Werteinheiten von Währungen zu definieren. Zu den digitalen Werteinheiten zählen nach Ansicht des BMF auch die Tokens. Diese können Ansprüche oder Rechte verkörpern, deren Funktionen variieren. Insbesondere für Startups sollen sie eine alternative Finanzierungsmethode darstellen.

2. In ertragsteuerlicher Hinsicht geht das BMF davon aus, dass mit virtuellen Währungen und Tokens diverse Einkunftsarten vorliegen können (§§ 15, 19, 20, 22 Nr. 2 iVm. § 23, 22 Nr. 3 EStG). Das BMF differenziert in seinem Entwurf danach, ob die virtuellen Währungen bzw. Token im Betriebs- oder im Privatvermögen gehalten werden. Die Einheiten einer virtuellen Währung, die im Betriebsvermögen gehalten werden, sollen nach den allgemeinen Grundsätzen nicht als abnutzbares Wirtschaftsgut bilanziert werden.

3. Werden die Einheiten einer virtuellen Währung hingegen im Privatvermögen gehalten und werden sie veräußert oder getauscht, sind sie nach Einschätzung des BMF als „anderes Wirtschaftsgut“ iSd. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen. Die Gewinne aus der Veräußerung stellen deshalb nach dem BMF Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 iVm. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar, wenn der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns soll die Anwendung der FiFo-Methode zulässig sein.

4. Die Veräußerungsfrist verlängert sich dem BMF zufolge nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG auf zehn Jahre, wenn die Einheiten einer virtuellen Währung oder Token als Einkunftsquelle genutzt werden und zumindest in einem Kalenderjahr hieraus Einkünfte erzielt worden sind. Eine solche Nutzung als Einkunftsquelle liegt vor, wenn Einheiten im Wege des sog. Lending gegen ein Entgelt zur Nutzung überlassen und dadurch zusätzliche Einheiten generiert werden. Die Erträge aus der Überlassung von dem Betriebsvermögen zuzuordnenden Einheiten stellen Betriebseinnahmen dar.

5. Die Aufteilung einer virtuellen Währung wird als Fork bezeichnet und ist mit einem Aktiensplit vergleichbar. Die Anschaffungskosten sollen nach Ansicht des BMF aufzuteilen sein.

6. Das sog. Mining („Goldschürfen“) hingegen stellt einen Vorgang dar, bei dem Rechnerleistung zur Transaktionsverarbeitung (Blockerstellung) zur Verfügung gestellt wird. Der Miner, der den Block erstellt hat, erhält als Gegenleistung Einheiten der virtuellen Währung zugewiesen. Dies stellt nach Ansicht des BMF einen Anschaffungsvorgang dar und kann je nach den Umständen des Einzelfalls private Vermögensverwaltung oder gewerbliche Tätigkeit sein. Zu den Einnahmen zählen die erhaltenen Einheiten für die Blockerstellung, die Transaktionsgebühren oder die von einem Betreiber eines Mining-Pools erhaltenen Entgelte für das zur Verfügung stellen von Rechnerleistung. Nach der Planung des BMF sollen gewerbliche Einkünfte dabei widerlegbar vermutet werden. Kann aber eine Gewerblichkeit widerlegt werden, stellen die Einkünfte aus Mining jedenfalls sonstige Leistungen iSd. § 22 Nr. 3 EStG dar.

7. Das Initial Coin Offering (ICO) vergleicht das BMF mit dem Initial Public Offerig (IPO), also einem Börsengang. Während jedoch bei einer solchen Erstplatzierung iR eines IPOs Aktien verkauft werden, geht es bei einem ICO um die Ausgabe von Token im Austausch gegen Einheiten einer virtuellen oder staatlichen Währung. Es werden also Token vom Emittenten selbst herausgegeben. Nach Auffassung des BMF sollen Token im Betriebsvermögen aufseiten des Emittenten sowohl Eigen- als auch Fremdkapital darstellen können. Beim Erwerber können in ertragsteuerlicher Hinsicht Token als Wirtschaftsgüter unter den Finanzanlagen oder als Forderungen zu bilanzieren sein. Daneben können Token dem BMF zufolge – je nach Ausgestaltung – auch als Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente anzusehen sein. Sie können aber auch Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen, wie das BMF meint: Werden dem Arbeitnehmer Token verbilligt oder unentgeltlich überlassen, kann es sich um eine Geldleistung iSd. § 8 Absatz 1 EStG oder um einen Sachbezug iSd. § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG handeln.

8. Beim sog. Cold Staking werden die Teilnehmer für das langfristige Halten von Einheiten einer virtuellen Währung belohnt. Dabei werden vom Staker bestimmte Einheiten der virtuellen Währung über einen bestimmten Zeitraum gesperrt. Während der Sperrzeit kann er auf diese Einheiten der virtuellen Währung nicht zugreifen. Nach Ablauf der Sperrzeit erhält er eine Belohnung in Form von zusätzlichen Einheiten der virtuellen Währung. Werden die Einheiten im Betriebsvermögen gehalten, handelt es sich bei der Belohnung nach Ansicht des BMF um einen betrieblich veranlassten Zugang von Betriebsvermögen (Betriebseinnahmen). Werden die Einheiten hingegen im Privatvermögen gehalten, erzielt der Staker Einkünfte aus (sonstiger) Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG.

9. Bei einem Airdrop werden Einheiten einer virtuellen Währung oder Token unentgeltlich verteilt. Häufig handelt es sich um Marketing-Aktionen, bei denen als Gegenleistung personenbezogene Daten zur Verfügung gestellt werden. Nach Auffassung des BMF soll es sich durch die Bereitstellung von persönlichen Daten um Einkünfte aus einer Leistung iSd. § 22 Nr. 3 EStG handeln. Bleibt eine Gegenleistung aus, so soll es sich nach dem BMF zumindest um eine Schenkung handeln, für die die schenkungssteuerrechtlichen Regelungen gelten.

10. Die Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten sind im aktuellen Entwurf vom BMF noch offen gelassen.

Die amtliche Veröffentlichung des BMF-Entwurfs ist nach der Anhörung der Verbände im August 2021 geplant.

Beraterhinweis: Jenseits dieses BMF-Schreibens gehen die Finanzministerien nahezu sämtlicher EU-Länder davon aus, dass es im Bereich von Kryptowährungen ein relevantes Deklarationsdefizit gibt, dh. in erheblichem Umfang Steuern verkürzt werden. Berater sollten sich frühzeitig und fortlaufend über die zum Teil komplexen technischen Strukturen von Kryptowährungen und Blockchain-Technologie informieren, um rechtzeitig und richtig die laufenden Erklärungen, ggf. aber auch Berichtigungs- und Nacherklärungen vollständig und wirksam auf den Weg bringen zu können. 

Dr. Markus Wollweber
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Giuseppe Vitale
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