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Die erweiterte Kürzung: Lastenaufzüge im Gewerbe unschädlich?

Die Immobilien-GmbH ist ein beliebtes Vehikel für die langfristige Vermögensverwaltung. Kernstück der Gestaltung ist die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff GewStG. Sie neutralisiert die Gewerbesteuer für die Immobilienverwaltung. Damit sinkt der Steuersatz auf 15,825 % KSt + SolZ.

Insbesondere bei Gewerbeimmobilien sorgt die erweiterte Kürzung öfters für Streit. In zwei neuen Entscheidungen stellen das FG Düsseldorf und das Schleswig-Holsteinische FG klar, dass ein Lastenaufzug bei einer Gewerbeimmobilie idR nicht kürzungsschädlich ist (Schleswig-Holsteinisches FG vom 28.3.2024 1 K 134/22, EFG 2024, 1044, Rev. eingelegt unter Az. BFH IV R 9/24; FG Düsseldorf vom 23.11.2023 14 K 1037/22 G,F, EFG 2024, 311, Rev. eingelegt unter Az. IV R 31/23).

 

Die zwei Zwecke der erweiterten Kürzung

Die erweiterte Kürzung soll:

  • die Doppelbelastung von Grundbesitz mit Gewerbesteuer und Grundsteuer vermeiden (BFH vom 18.12.2019 III R 36/17, BStBl. II 2020, 405 mwN).
  • die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bei solchen Kapitalgesellschaften von der Gewerbesteuer freistellen, die kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind; so sollen diese gleichbehandelt werden mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (BFH vom 19.10.2010 I R 67/09, BStBl. II 2011, 367; vom 18.4.2000 VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359 mwN).

Die Rechtsprechung verortet die erweiterte Kürzung damit „zwischen Real- und Ertragsteuer“. Das ist der Ausgangspunkt vieler Streitfragen um die erweiterte Kürzung.

 

„Grundbesitz“ im Sinne des Bewertungsgesetzes

Den Begriff des Grundbesitzes legt die Rechtsprechung nicht im Hinblick auf die ertragsteuerliche private Vermögensverwaltung aus. Sie legt den Grundbesitz bewertungsrechtlich aus, also nach § 68 BewG bzw. § 243 BewG.

Danach gehören zum Grundbesitz ua. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör (§ 68 bzw. § 243 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Davon zu unterscheiden sind die Betriebsvorrichtungen, das sind die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind (§ 68 bzw. § 243 Abs. 2 Nr. 2 BewG).

 

Gebäude- oder Betriebsvorrichtung?

Wenn also auch Betriebsvorrichtungen überlassen werden, so wird nicht nur Grundbesitz genutzt und verwaltet. Folglich kommt der Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen eine zentrale Rolle zu (siehe ausführlich den Abgrenzungserlass vom 5.6.2013, BStBl. II 2013, 734).

Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient (BFH-Urteil vom 24.03.2006 III R 40/04, BFH/NV 2006, 2130 mwN). Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt dabei Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird (BFH vom 11.4.2019 III R 36/15, BStBl. II 2019, 705). Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (BFH vom 28.2.2013 III R 35/12, BStBl. II 2013, 606). Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher Gebäudebestandteil ist nicht entscheidend.

So sind Personenaufzüge, Klima-, Brandschutz- und Beleuchtungsanlagen idR Gebäudebestandteile, da sie der Nutzung des Gebäudes überhaupt und nicht einem Gewerbe im Besonderen dienen. Anders aber bei Lastenaufzügen: wie der Name schon sagt, dienen sie der Beförderung großer Lasten. Dies ermöglicht idR nicht die Benutzung des Gebäudes als solchen, sondern dient gewerblichen Tätigkeiten, bei denen Waren in größerer Menge umgeschlagen werden.

 

Ausnahme: Unentbehrliche Betriebsvorrichtungen

Eine – eng zu handhabende – Ausnahme gilt, wenn die Überlassung einer Betriebsvorrichtung unentbehrlich ist (vgl. BFH vom 11.4.2019 III R 36/15, BStBl. II 2019, 705 mwN) in dem Sinne, dass sie als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden kann.

Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten des (Kapital- und Vermietungs-) Marktes, nicht nach den subjektiven Beziehungen des Unternehmers zu den Geschäftspartnern zu beurteilen (BFH vom 23.7.1969 I R 134/66, BStBl. II 1969, 664). Die Erforderlichkeit eines Nebengeschäftes zur eigenen wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung ist zu verneinen, wenn die Grundstücksverwaltung und -nutzung zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne dieses Nebengeschäft hätte durchgeführt werden können (BFH vom 11.04.2019 III R 36/15, BStBl. II 2019, 705).

 

In den Streitfällen: Eine Gewerbeimmobilie braucht idR einen Lastenaufzug

In den Streitfällen befand sich in einem Warenhaus (FG Düsseldorf) und einem Einkaufszentrum (Schleswig-Holsteinisches FG) ein Lastenaufzug. Da die Immobilien über mehrere Etagen verteilte Verkaufs- und Lagerflächen verfügten, wäre eine sinnvolle Grundstücksnutzung ohne die Lastenaufzüge nicht möglich, wenn man nicht das Gebäude grundlegend umgestaltete.

Die FG stützen sich auch auf die in der Literatur vertretene Auffassung (Gosch in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG Rn. 71 mwN), dass eine Einrichtung, die aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden könne, im Regelfall als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren sei, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen. In den anhängigen Revisionsverfahren wird der BFH entscheiden dürfen, ob er sich dieser vereinfachenden Regel anschließt.

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Dr. Dr. Norbert Mückl
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater
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