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Das neue BMF-Schreiben zur E-Rechnung

Mit dem BMF-Schreiben vom 15.10.2024, BStBl. I 2024, 1320, hat die Finanzverwaltung ihre Vorgaben zur Anwendung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) ab dem 1.1.2025 veröffentlicht. Damit schafft die Finanzverwaltung für elementare Bereiche der Umsatzsteuer endlich in Teilen Rechtssicherheit. Im Grundsatz gilt weiterhin: Ohne ordnungsgemäße E-Rechnung kein Vorsteuerabzug – mit neuen praxisrelevanten Ausnahmen für die E-Rechnung! Gegenüber der Entwurfsfassung des BMF-Schreibens sind bedeutsame Änderungen zu beachten.

 

Inhalt und Umfang des BMF-Schreibens

Bereits der Umfang des oa. BMF-Schreibens vom 15.10.2024 (im Folgenden: BMF-Schreiben) zeigt die Bedeutung und Tragweite der schrittweisen Digitalisierung des Geschäfts- und Rechnungsverkehrs für die Umsatzsteuer. Das BMF nimmt ua. inhaltlich Stellung zu den zeitlichen Einführungsregeln, zum sachlichen Anwendungsbereich der E-Rechnung, zu den Rechnungsarten/-formaten ab dem 1.1.2025, zur Empfangs- und zur Ausstellungspflicht von E-Rechnungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, zu Ausnahmen für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweisen, zu Arten der Übermittlung von E-Rechnungen, zu Verträgen als Rechnung, End- oder Restrechnungen bei zuvor erteilten Voraus- und Anzahlungsrechnungen, zur Aufbewahrung von E-Rechnungen sowie zum Vorsteuerabzug aus E-Rechnungen.

 

Keine zeitnahe Anpassung des UStAE

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 ausgeführt werden. Die dem BMF-Schreiben entgegenstehenden Regelungen des UStAE sind ab dem Besteuerungszeitraum 2025 nicht mehr anzuwenden. Die Anpassung des UStAE erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt durch ein gesondertes BMF-Schreiben. Dies wird vermutlich erst im Laufe des Jahres 2025 oder gar noch später erfolgen. Für die Beratungspraxis gilt somit: Wichtige Teile des UStAE werden ab dem 1.1.2025 überholt sein, ohne dass dies im UStAE offen ausgewiesen ist. Die Kenntnis des BMF-Schreibens ist daher für die Beratungspraxis unerlässlich. Im BMF-Schreiben und nachfolgend sind die Vorschriften des UStG in der Fassung des Wachstumschancengesetzes vom 27.3.2024 mit Wirkung ab dem 1.1.2025 dargestellt.

 

Zulässige E-Rechnungs-Formate

Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format nach der gesetzlich bestimmten Norm ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 und 6 UStG). Daraus folgt: 

Die E-Rechnung basiert auf einem maschinenlesbaren XML-Format, also einem Datensatz, dessen (Rechnungs-)Informationen der maschinellen Verarbeitung von EDV-Systemen dienen. Damit entfällt die Pflicht, zugleich ein für Menschen ohne Weiteres lesbares Dokument zu erstellen. Diese menschliche Lesbarkeit wird erst durch eine gängige Visualisierungssoftware gewährleistet, sofern der Rechnungsaussteller sich nicht für ein zulässiges hybrides Format entscheidet. Umgekehrt genügen die sog. sonstigen Rechnungen iSd. § 14 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht den Anforderungen an eine E-Rechnung. Klarstellend weist das BMF-Schreiben darauf hin, dass Rechnungen in anderen elektronischen Formaten (dh. die nicht den gesetzlich definierten strukturierten elektronischen Formaten entsprechen) ab dem 1.1.2025 als sonstige Rechnungen gelten. Zu den sonstigen Rechnungen gehören somit ua. Papierrechnungen und Rechnungen im PDF-Format. PDF-Rechnungen sind also keine E-Rechnungen!

Im BMF-Schreiben werden die zulässigen Formate für E-Rechnungen iSd. Gesetzes im Einzelnen beispielhaft dargelegt, zB die in Deutschland bekannten Formate „XRechnung“, „ZUGFeRD“ in bestimmten Versionen, EDI-Verfahren wie zB EDIFACT sowie bestimmte europäische Rechnungsformate, zB „Factur-X“ (Frankreich) und „Peppol BIS-Billing“.

Eine weitere Möglichkeit stellen sog. hybride Formate (zB das „ZUGFeRD“-Format) dar, die sowohl einen Strukturdatensatz als auch einen menschenlesbaren Bestandteil (sog. Bilddatei, zB im PDF-Format) enthalten. Hierbei ist darauf zu achten, dass der E-Rechnungsteil und die Bilddatei inhaltsidentisch sind. Vorrang hat immer der E-Rechnungsteil. Bei Abweichungen besteht das Risiko, so das BMF, von zwei ausgestellten Rechnungen mit der Folge von Steuerschulden nach § 14c UStG. Das BMF-Schreiben gibt dem Rechnungsaussteller insoweit zumindest in Teilen „Rückendeckung“: Eine geringfügige Abweichung durch zB konkretisierende oder ergänzende Informationen sind nicht zu beanstanden. Gemeint sind ua. Ausführungen zur Leistungsbeschreibung, die erkennbar keine inhaltliche Änderung darstellen. Der Streit über die Geringfügigkeit ist jedoch für die Praxis bereits jetzt vorprogrammiert.

Immerhin gilt, so das BMF-Schreiben: Es ist unschädlich, wenn die Datei zu einer E-Rechnung mehrfach übersandt wird, solange es sich um dieselbe Rechnung handelt und die Übermittlung nur als inhaltlich identisches Mehrstück erfolgt (mit Verweis auf Abschn. 14c.1 Abs. 4 UStAE).

Die umsatzsteuerlichen Pflichtangaben für eine ordnungsgemäße Rechnung nach §§ 14, 14a UStG müssen im strukturierten elektronischen Format vorliegen, so das BMF. Ergänzende Angaben, wie zB eine Aufschlüsselung von Stundennachweisen, dürfen nach dem BMF-Schreiben in einem Anhang in einem anderen Format (zB als PDF-Datei) beigefügt werden.

Zur Erstellung und/oder Übermittlung von E-Rechnungen darf sich der Unternehmer nach dem BMF externer Dienstleister bedienen.

 

Zeitlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Die Einführung der E-Rechnung ab dem 1.1.2025 erfolgt in zeitlichen und sachlichen Teilabschnitten (vgl. § 14 Abs. 1 und 2 UStG iVm. § 27 Abs. 38 UStG). Es verwundert daher nicht, dass die Finanzverwaltung diese gesetzliche Rechtszersplitterung im BMF-Schreiben aufgreift und darstellt.

Die E-Rechnung betrifft nur den inländischen B2B-Bereich, dh. vereinfacht und verkürzt formuliert die Abrechnung von Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern iSd. § 2 Abs. 1 UStG. Insoweit gilt eine ausnahmslose Empfangspflicht zur E-Rechnung bereits ab dem 1.1.2025.

Nur für die Ausstellung von E-Rechnungen bestehen Wahlrechte für den Rechnungsaussteller, gestuft über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum 31.12.2027 (§ 27 Abs. 38 UStG). Spätestens ab dem 1.1.2028 besteht eine Ausstellungspflicht per E-Rechnung. Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von mehr als Euro 800.000,-- im Kalenderjahr 2026 sind bereits ab dem 1.1.2027 zur Abrechnung mittels E-Rechnung verpflichtet.

Anders als nach der bisherigen Rechtslage bedarf der Rechnungsaussteller für den Übergangszeitraum allerdings nicht mehr der Zustimmung des Rechnungsempfängers für eine Abrechnung mittels E-Rechnung. Alle Unternehmer iSd. § 2 Abs. 1 UStG, darunter nicht nur gewerbliche Unternehmen, sondern zB auch Vermieter, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, (gemeinnützige) Vereine, mitunter auch Aufsichtsräte und die öffentliche Hand (sofern sie im umsatzsteuerlichen Sinne unternehmerisch unterwegs sind), können daher bereits ab dem 1.1.2025 mit dem Empfang von E-Rechnungen konfrontiert sein. Sie sind gesetzlich zum Empfang und zu deren Verarbeitung verpflichtet. Bei Verletzung dieser Pflichten könnte ua. der Verlust des Vorsteuerabzugs drohen (su. Abschnitt „Vorsteuerabzug“).

Eine wichtige Erleichterung für den Empfang von E-Rechnungen räumt das BMF-Schreiben jedoch ein: Ein Unternehmer ist bereits dann im rechtlichen Sinne empfangsbereit, wenn er als Rechnungsempfänger dem Rechnungsaussteller ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass es sich um ein gesondertes E-Mail-Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen handelt. Die Beteiligten können abweichend hiervon andere zulässige Übermittlungswege vereinbaren. Der Blick in die Praxis zeigt, dass viele Unternehmer hierauf noch nicht hinreichend vorbereitet sind. Unabhängig von dem Übermittlungsweg sind stets die GoBD zu beachten – und damit verbunden typische Steuerrisiken einer nicht ordnungsgemäßen „digitalen“ Buchführung. Insbesondere die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die (maschinelle) Lesbarkeit der E-Rechnung müssen gewährleistet sein (§ 14 Abs. 3 UStG). Bei der Aufbewahrung ist die Unveränderbarkeit zu erfüllen.

Gibt der Leistungsempfänger an, dass er ein inländischer Unternehmer ist, darf der Rechnungsaussteller hierauf vertrauen, wenn ihm keine gegenteiligen Informationen vorliegen, wobei die Angabe einer USt-IdNr. oder einer W-IdNr. ein Indiz für die Unternehmereigenschaft sein kann, so das BMF-Schreiben.

Auch wenn nur ein Teil der in einer Rechnung abgerechneten Leistungen die Ausstellungspflicht zur E-Rechnung betrifft, zB weil der Leistungserbringer teils steuerpflichtige, teils nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfreie Umsätze abrechnet, besteht laut BMF eine Pflicht, mittels E-Rechnung abzurechnen. Unklar bleibt, ob dies auch für den Übergangszeitraum gilt. Mit Blick auf das oa. Wahlrecht des Rechnungsausstellers dürfte dies uE nicht der Fall sein.

 

Endrechnungen und Dauerschuldverhältnisse

Derzeit sind die Anforderungen an eine Endrechnung noch nicht im strukturierten Teil einer E-Rechnung darstellbar. Daher schafft das BMF auch hierfür Erleichterungen: Es bietet sich in den fraglichen Fällen daher an, so das BMF, stattdessen eine Restrechnung zu stellen. Es wird aber vor dem Hintergrund der noch bestehenden technischen Einschränkungen nicht beanstandet, wenn in einer bis zum 31.12.2027 als E-Rechnung ausgestellten Endrechnung ein Anhang iSv. Abschn. 14.8 Abs. 8 Nr. 2 UStAE als unstrukturierte Datei in der E-Rechnung enthalten ist.

Bei Dauerschuldverhältnissen (zB Mietverhältnissen) genügt es, so das BMF weiter, wenn erstmalig und einmalig eine E-Rechnung nach der Ausstellungspflicht über den ersten Teilleistungszeitraum ausgestellt wird. Das BMF vereinfacht damit die Umsetzung im Übergangszeitraum und ergänzt, dass für vor der Ausstellungspflicht erstellte sonstige Rechnungen (für Dauerschuldverhältnisse) grundsätzlich keine zusätzliche E-Rechnung ausgestellt werden muss. Insoweit bleiben somit Papier- und PDF-Rechnungen weiterhin möglich.

 

Vorsteuerabzug

Ist die Ausstellung einer E-Rechnung verpflichtend (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG iVm. § 27 Abs. 38 UStG und den dort genannten Übergangsfristen), berechtigt grundsätzlich auch nur die E-Rechnung zum Vorsteuerabzug, so im Einklang mit der Gesetzessystematik das BMF-Schreiben. Denn im Grundsatz gilt weiterhin: Ohne Rechnung besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 UStG. Fehler bei Rechnungsangaben können zwar mit Rückwirkung korrigiert werden, hierfür müssen aber Mindestangaben vorliegen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG verweist zu den Angaben und Formen einer ordnungsgemäßen Rechnung für den Vorsteuerabzug auf die §§ 14, 14a UStG, in denen die E-Rechnung geregelt ist. Dh. eine sog. sonstige Rechnung genügt den Anforderungen nach §§ 14, 14a UStG nicht und berechtigt somit nicht zum Vorsteuerabzug. Hiervon abweichend sieht das BMF-Schreiben zahlreiche wichtige Ausnahmen für die Praxis vor:

Für den oa. Übergangszeitraum nach § 27 Abs. 38 UStG können Rechnungsberichtigungen auch ohne Verwendung einer E-Rechnung erfolgen, ebenso bei Berichtigungen nach § 17 UStG.

Eine sonstige Rechnung, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann gleichwohl mit Rückwirkung durch eine E-Rechnung berichtigt werden.

Erfolgt keine Berichtigung, kann dennoch im Ausnahmefall ein Vorsteuerabzug nach Maßgabe von Abschn. 15.2a Abs. 1a UStAE erfolgen. Das BMF-Schreiben stellt klar, dass die in der sonstigen Rechnung enthaltenen Angaben im Hinblick auf den Vorsteuerabzug als objektive Nachweise zu berücksichtigen sind und ein Vorsteuerabzug – bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen – möglich ist.

Darf der Rechnungsempfänger davon ausgehen, dass der Aussteller die Übergangsregelung nach § 27 Abs. 38 UStG in Anspruch nimmt, ermöglicht dies ebenfalls den Vorsteuerabzug. Das BMF-Schreiben beinhaltet eine Klarstellung, dass die Sorgfaltspflicht des Rechnungsempfängers keine weiteren Recherchen zu dem Unternehmer (zB Vorjahresumsatz) erfordert.

 

Sonstiges und Fazit

Die oa. Ausführungen gelten nach dem BMF-Schreiben entsprechend für Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG).

Wie bisher, ist der Rechnungsaussteller grundsätzlich zur Erteilung einer Rechnung innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung verpflichtet (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Ergänzend gilt: Entspricht die E-Rechnung (also der Datensatz) nicht den formellen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung, hat der Rechnungsempfänger einen zivilrechtlichen und einklagbaren Anspruch auf eine ordnungsgemäße Rechnung.

Das BMF-Schreiben enthält zahlreiche weitere bedeutende, teils sehr kleinteilige Regelungen. Zahlreiche offene Fragen verbleiben. Daher kann das BMF-Schreiben nur als ein erster wichtiger Schritt gesehen werden. Es bleibt zu hoffen, dass spätestens im Zuge der Implementierung im UStAE die Finanzverwaltung hierzu Stellung nimmt. Anderenfalls werden die offenen Fragen in den finanzbehördlichen und finanzgerichtlichen Verfahren zu klären sein, mit den damit verbundenen Risiken für den Unternehmer, insbesondere für den Vorsteuerabzug.

Cristian Esteves Gomes
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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Carsten Odinius
Rechtsanwalt
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