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Aktuelles zur Realteilung: Der BFH ermöglicht die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf eine Schwesterpersonengesellschaft

Der Anwendungsbereich der steuerneutralen Realteilung wurde vom BFH in den vergangenen Jahren wiederholt zugunsten der Steuerpflichtigen und entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ausgeweitet. Das BMF ist dem gefolgt und hat zuletzt mit Schreiben vom 19.12.2018 (BStBl. I 2019, 6) den Realteilungserlass neu gefasst. Auch nach dem aktuell geltenden Realteilungserlass kommt danach eine steuerneutrale Übertragung von Vermögensgegenständen nicht in Betracht, wenn Einzelwirtschaftsgüter unmittelbar oder innerhalb der dreijährigen Sperrfrist (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG) in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen werden, die am Vermögen der real geteilten Gesellschaften nicht beteiligt war (Tz. 12, 26).

Problematisch ist dies in der Praxis insbesondere dann, wenn aus einer größeren Freiberuflersozietät einzelne Sozien ausscheiden und künftig gemeinsam in einer neuen Einheit tätig sein wollen (sog. spin-off). Häufig übernehmen die Ausscheidenden in diesen Konstellationen keinen Teilbetrieb, sondern lediglich Einzelwirtschaftsgüter aus der alten Sozietät und übertragen diese auf die neue Einheit. Steuerliche Folge ist nach Auffassung der Finanzverwaltung die Aufdeckung der stillen Reserven insbesondere im Patienten- oder Mandantenstamm.

Dem ist der BFH in der Entscheidung vom 2.10.2018 (IV R 24/15, BFH/NV 2019, 516) nun entgegengetreten. In der Entscheidung war unklar, ob der aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidende Gesellschafter die Wirtschaftsgüter in ein eigenes Betriebsvermögen oder aber unmittelbar in das Betriebsvermögen einer GmbH & Co. KG übertragen hatte, an deren Vermögen er zu 100 % beteiligt war. Nach Ansicht des BFH kam es hierauf nicht an. Der BFH führt aus, dass die Übertragung der Wirtschaftsgüter in das andere Gesamthandsvermögen der Buchwertfortführung nicht entgegengestanden hätte, weil an dieser Gesellschaft lediglich der Realteiler beteiligt war. Die Buchwertfortführung entspreche in einem solchen Fall dem Regelungszweck des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG.

In der Praxis bedeutet die Entscheidung eine große Erleichterung für alle Fälle, in denen Sozietäten sich aufteilen. Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Finanzverwaltung die Entscheidung anwendet. Bis dahin gibt sie dem Steuerpflichtigen für den Streuerstreit gleichwohl enorme Schützenhilfe. In der Gestaltungsberatung bleibt der Berater zunächst - soll der Streit vermieden werden - weiterhin auf Ausweichgestaltungen angewiesen. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn an der neuen Sozietät Gesellschafter beteiligt sind oder werden, die nicht Gesellschafter der realgeteilten Mitunternehmerschaft waren. In dem Fall dürfte auch der BFH die Buchwertfortführung kritisch sehen.

Dr. Jens Stenert
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
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