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Update: Erweiterte Kürzung für Immobilienunternehmen
Die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ist und bleibt ein Dauerbrenner für Immobilienunternehmen. So wichtig sie für die betroffenen Steuerpflichtigen ist, so streitanfällig ist sie. Bei der erweiterten Kürzung wird bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, der Gewerbeertrag gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG).
Das zentrale Wort der Norm ist „ausschließlich“. Die Rechtsprechung interpretiert es streng (vgl. zB BFH vom 27.10.2021 III R 7/19, BFH/NV 2022, 242): Der Steuerpflichtige darf nur eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen. Er muss es über den ganzen Erhebungszeitraum tun. Daneben darf er keiner weiteren Tätigkeit nachgehen, wenn nicht eine der unschädlichen Tätigkeit aus § 9 Nr. 1 Satz 2–3 GewStG oder der Rechtsprechungsausnahmen vorliegt. Auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sind keine Ausnahmen zu machen (BFH vom 11.4.2019 III R 36/15, BStBl. II 2019, 705).
Wir geben einen Überblick über zwei aktuelle Entscheidungen:
Erweiterte Kürzung und Betriebsverpachtung (BFH vom 30.10.2024 IV R 19/22)
Mit Urteil vom 30.10.2024 hat der BFH seine Rechtsprechung zur erweiterten Kürzung und Betriebsverpachtung bestätigt: Eine Betriebsverpachtung ist nicht kürzungsschädlich, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt.
Im Streitfall war der Steuerpflichtige Eigentümer einer Gewerbeimmobilie. Er betrieb dort bis Ende der Achtzigerjahre ein Autohaus. Dann veräußerte er sämtliche Betriebsausstattung und -vorrichtungen an eine AG, die nunmehr das Autohaus betrieb.
Das FG Düsseldorf (vom 22.6.2022 2 K 2599/18 G, EFG 2022, 1392) verneinte die erweiterte Kürzung, weil eine Betriebsverpachtung bestehe. Die einzige wesentliche Betriebsgrundlage sei das Grundstück, das sich insbesondere durch seine gute Lage und seinen günstigen Zuschnitt auszeichne.
Der BFH trat dem entgegen und bestätigte sein Urteil vom 19.12.2023 IV R 5/21, BFH/NV 2024, 584. Ob er die Würdigung des FG, dass alleine das Grundstück – ohne jedwede Betriebsvorrichtungen – die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstelle, könne dahinstehen. Denn jedenfalls wenn der überlassene Grundbesitz die einzige wesentliche Betriebsgrundlage ist, ist die erweiterte Kürzung nicht ausgeschlossen. Die frühere Rechtsprechung (BFH vom 14.6.2005 VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778) beruht auf der Annahme, dass bei einer Betriebsverpachtung typischerweise gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und genutzt wird.
Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt, dass die Betriebsverpachtung bei der erweiterten Kürzung keine eigenständige Fallgruppe sein sollte, anders als es in BFH vom 14.6.2005 VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778 anklingt. Denn entscheidend ist alleine, ob lediglich Grundbesitz verpachtet wird, oder auch Betriebsvorrichtungen (vgl. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG aF bzw. § 243 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Werden auch Betriebsvorrichtungen überlassen, ist das Ausschließlichkeitsgebot verletzt. Das Augenmerk sollte daher bei Gewerbeimmobilien darauf liegen, dass nichts als Grundbesitz überlassen wird. Am sichersten ist es, zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den Betriebsvorrichtungen auf den Erwerber zu übertragen, wie es im Streitfall die Klägerin getan hat.
Erweiterte Kürzung in zeitlicher Hinsicht (FG Berlin-Brandenburg vom 5.11.2024 8 K 8179/22; Rev: BFH III R 40/24)
Vor dem FG Berlin-Brandenburg klagte eine GmbH auf die erweiterte Kürzung für 2019. Der Gesellschaftsvertrag wurde im November 2018 abgeschlossen. Die GmbH hatte im November 2018 notarielle Kaufverträge für drei Grundstücke abgeschlossen. Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte im Mai 2019. In der Zwischenzeit verhandelte sie mit Banken über die Finanzierung und bereitete die Nutzung der Immobilien vor, indem sie Makler beauftragte, Baugenehmigungsverfahren führte und Umbaumaßnahmen plante.
Das FG wies die Klage ab, weil die Ausschließlichkeit in zeitlicher Hinsicht nicht gegeben sei. Die GmbH hatte mehr als vier Monate lang keinen eigenen Grundbesitz. Weder seien die Vorbereitungsmaßnahmen bereits Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes, noch sei das Bestreben, eine Grundstücksnutzung aufzunehmen, der tatsächlichen Grundstücksnutzung gleichzustellen (vgl. BFH vom 26.2.2014 I R 6/13, BFH/NV 2014, 1400).
Dennoch hielt das FG die Sache für von grundsätzlicher Bedeutung. Zu klären sei, ob Tätigkeiten eines Grundstückserwerbers zwischen Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages und dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bereits Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellen. Der BFH erachtete es bereits als schädlich, wenn eine neu gegründete Gesellschaft sich erst unterjährig mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes „befasste“ (BFH vom 27.10.2021 III R 7/19, BFH/NV 2022, 242).
Das FG grenzte den Sachverhalt auch vom Urteil des FG München vom 26.2.2016 7 K 1109/14, EFG 2016, 932 ab: Dort schichtete eine Gesellschaft ihren Immobilienbestand um und hatte eine kurze grundbesitzlose Zeit, weil der schuldrechtliche Erwerb des Ersatzgrundstücks vor der Veräußerung des vormals letzten Grundstücks erfolgt ist und nur der Nutzen- und Lastenwechsel zu einer grundbesitzlosen Zeit führte; die erweiterte Kürzung wurde gewährt (nicht beanstandet durch BFH vom 22.5.2019 III R 21/16, BFH/NV 2020, 103).
Praxishinweis
Bei Kapitalgesellschaften kann es schwer sein, die erweiterte Kürzung mit Gründung der Gesellschaft zu erhalten, insbesondere wenn der Grundbesitz von Dritten erworben wird. Denn die Gewerbesteuerpflicht beginnt, wenn die Gesellschaft ins Gesellschaftsregister eingetragen wird oder – als Vorgesellschaft – davor nach außen in Erscheinung tritt (vgl. BFH vom 24.1.2017 I R 81/15, BStBl. II 2017, 1071). Diese Anfangszeit kann aber und sollte genutzt werden, um eventuelle Betriebsvorrichtungen oder andere schädliche Tätigkeiten zu identifizieren. Dann ist zu prüfen, ob diese unter § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) oder c) GewStG unschädlich sind. Sind sie es, ist die Tax Compliance aufzusetzen (Gesonderte Berechnung der Tätigkeiten; Grenzwerte überwachen; Gesonderte Ertragsermittlung nach Satz 4). Sind sie es nicht, müssen die schädlichen Tätigkeiten ausgelagert oder beendet werden.
Der BFH hatte sich im Urteil vom 17.10.2024 III R 1/23 selbst mit der zeitlichen Ausschließlichkeit auseinandergesetzt. Eine Gesellschaft, die zum „Beginn des 31.12.“ ihr letztes Grundstück veräußert hatte, bekam keine erweiterte Kürzung. Die Einzelheiten berichtet unser Steuerblog (Wollweber vom 23.1.2025).