Kontaktieren Sie uns gerne!

Newsletter
Mit unserem wöchentlichen Newsletter informieren wir Sie im Bereich Steuerrecht über aktuelle Themen, Entscheidungen und Kanzlei-News.
Ertragsteuerliche Abziehbarkeit von Vermögensabschöpfungen
Mit Urteil vom 29.1.2025 (X R 6/23) hat der BFH erneut über die steuerliche Behandlung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung entschieden. Nachdem die Thematik die Rechtsprechung zuletzt vor allen Dingen umsatzsteuerlich beschäftigt hatte (siehe dazu unseren Newsletter vom 6.3.2025 sowie TALASKA, wistra 2025, 201 ff.), betrifft das nun ergangene Urteil des X. Senats die Frage der ertragsteuerlichen Abziehbarkeit.
Schon zu Beginn zeigt die Entscheidung auf, dass der Rechtsanwender bei der Einordnung der Abziehbarkeit von Geldstrafen, Geldbußen und sonstigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art stets besondere Sorgfalt walten lassen muss. So hatte das FG seine Entscheidung fehlerhaft auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG aufgebaut. Wie der BFH zurecht anmerkt, bezieht sich diese Vorschrift lediglich auf Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder (Satz 1) bzw. Leistungen zur Erfüllung von Auflagen in berufsgerichtlichen Verfahren (Satz 2). Maßgeblich für die Abzugsfähigkeit von strafrechtlichen Rechtsfolgen ist hingegen § 12 Nr. 4 EStG.
Danach dürfen in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Ausgehend von dieser gesetzlichen Grundlage nutzt der BFH die Gelegenheit, die in der Praxis besonders üblichen Rechtsfolgen eines Strafverfahrens einzuordnen. Es ist wie folgt zu unterscheiden:
- Zahlt der Steuerpflichtige aufgrund einer Auflage nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr.2 StPO (gegebenenfalls iVm. § 153a Abs. 2 StPO) einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse, besteht ein Abzugsverbot nach § 12 Nr. 4 EStG. Eine solche Leistung dient grundsätzlich nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens (siehe mwN BFH vom 16.09.2014 VIII R21/11, BFH/NV 2015, 191, Rz.20).
- Anders zu behandeln sind Fälle, in denen dem Beschuldigten nach § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StPO (gegebenenfalls iVm. § 153a Abs. 2 StPO) aufgegeben wird, zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen. Solche Zahlungen können – ebenso wie etwa Bewährungsauflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB – gewinnmindernd berücksichtigt werden (siehe mwN BFH vom 15.01.2009 VI R 37/06, BStBl. II 2010, 111, unter II.2.b.).
- Ausdrücklich stellt der BFH in seiner nun ergangenen Entscheidung schließlich klar, dass auch Zahlungen aufgrund gerichtlicher Einziehungsanordnungen dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG nicht unterfallen. Wie zu erwarten war, gilt die sog. „steuerliche Lösung“ damit nach der grundlegenden Reformierung des Einziehungsrechts im Jahr 2017 fort. Diese besagt, dass die Doppelbelastung durch die Erhebung von Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer etc. auf Einnahmen aus rechtswidrigem Verhalten im Besteuerungsverfahren und die nachfolgende Abschöpfung der rechtswidrig erlangten Vorteile im Strafverfahren auf der Ebene des Steuerrechts aufzulösen ist. Konkret bedeutet dies, dass zunächst die strafrechtliche Abschöpfung der durch die rechtswidrige Tat erlangten Brutto-Beträge erfolgt. Etwaige Doppelbelastungen werden vermieden, indem Zahlungen auf eine (Wertersatz-)Einziehungsanordnung nach §§ 73 ff. StGB im Anschluss gewinnmindernd in Abzug gebracht werden können (vgl. dazu auch BT-DrS 18/11640, S. 78 f.).
Beraterhinweis
Mit dem Bekenntnis zur Fortgeltung der „steuerlichen Lösung“ hat der BFH ein Stück Rechtssicherheit geschaffen. Die dargestellte Entscheidung verdeutlicht jedoch, dass Berater:innen auch künftig vor diverse Probleme gestellt werden, wenn Zahlungen aufgrund von Festsetzungen im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuordnen sind. So hatte das FG nicht nur auf eine fehlerhafte Rechtsgrundlage zurückgegriffen (so.), sondern auch den dem Entscheidungsfall zugrunde liegenden Einstellungsbeschluss nach § 153a Abs. 2 iVm. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO aufgrund seiner missverständlichen Formulierung zu Unrecht als Maßnahme der Vermögensabschöpfung ausgelegt.