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Dauerbrenner Säumniszuschläge – Licht und Schatten für Steuerpflichtige
Säumniszuschläge sind ein verfahrensrechtlicher Dauerbrenner, der immer wieder Gegenstand von steuerlichen Streit- und Beraterhaftungsfällen ist. Mit einem Beschluss vom 21.3.2025 hat der BFH (Az. X B 21/25 (AdV), BStBl. II 2025, 485 = NJW 2025, 1368) in diesem Kontext eine aus Sicht der Steuerpflichtigen sowohl negative als auch positive Leitentscheidung erlassen.
Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes (§ 240 Abs. 1 AO), wenn eine Steuer nicht fristgerecht entrichtet wird. Nach Ablauf einer sog. Schonfrist von drei Tagen (§ 240 Abs. 2 AO) fallen für jeden angefallenen Monat 1 % des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags Säumniszuschläge an. Auf ein Jahr gerechnet, beträgt die Nebenleistung somit 12 %, was insbesondere im Vergleich zu den seit dem 1.1.2019 auf 1,8 % p.a. abgesenkten Nachzahlungszinsen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung darstellt.
Höhe der Säumniszuschläge jedenfalls ab Februar 2022 verfassungsgemäß
Die Zinssenkung aufgrund der Entscheidungen des BVerfG vom 8.7.2021 (BVerfG vom 8.7.2021 (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BVerfGE 158, 282) wurde zum Anlass genommen, auch die Höhe der Säumniszuschläge gerichtlich auf den Prüfstand zu stellen. Zwischen einzelnen Senaten des BFH war insbesondere für den Zeitraum nach dem 1.1.2019 streitig, ob ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich angeordneten Höhe der Säumniszuschläge bestehen (vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung WULF/NÜRNBERGER, Stbg 2023, 259 sowie unsere Blog-Beiträge vom 25.11.2022, 5.12.2022, 17.10.2023 und 2.11.2023). Im Ergebnis dürfte sich allerdings im BFH die Ansicht durchgesetzt haben, dass die Säumniszuschläge auch nach dem 1.1.2019 verfassungsgemäß seien (vgl. BFH vom 23.8.2023 X R 30/21, BStBl. II 2024, 215; vom 17.7.2024 X B 79/23, BFH/NV 2024, 1144).
Für aktuellere Fälle hat der BFH mit dem Beschluss vom 21.3.2025 nunmehr die Erfolgsaussichten für Einwendungen gegen die Höhe der Säumniszuschläge endgültig gegen Null gehen lassen. Der BFH weist darauf hin, dass aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 die vorherige Niedrigzinsphase dauerhaft beendet sei. Die erhebliche Diskrepanz zwischen Säumniszuschlägen und den Marktzinssätzen in den Vorjahren als Ausgangspunkt für die Annahme verfassungsmäßiger Zweifel sei somit weggefallen.
Rückwirkender Entfall von Säumniszuschlägen bei Erbringung für AdV geforderter Sicherheitsleistung
Relevant sind Säumniszuschläge insbesondere in Fällen, in denen Steuerpflichtige streitige Steuern nicht zahlen können oder wollen. Bei nicht fristgerechter Zahlung entstehen Säumniszuschläge auch dann, wenn die Steuer (ggf. Jahre später) nach Führung eines erfolgreichen Einspruchs- und ggf. Klageverfahrens wieder aufgehoben werden. Erforderlich ist daher eine Aussetzung der Vollziehung („AdV“) ab Fälligkeit. In einigen Fällen machen die Finanzämter (bzw. bei der Gewerbesteuer die Gemeinden) die AdV aber von der Erbringung einer Sicherheitsleistung abhängig. Diese kann zB durch eine Bankbürgschaft oder die Eintragung einer Grundschuld erbracht werden. In der Praxis kann die erforderliche Abstimmung über die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung der Sicherheitsleistung allerdings durchaus aufwendig und zeitintensiv sein. Nicht immer agieren die Behörden dabei konstruktiv und setzen uU nicht erfüllbare Fristen.
In dem der BFH-Entscheidung vom 21.3.2025 zugrundeliegenden Fall vergingen insbesondere aufgrund von Streitigkeiten über den Wert des zur Sicherung angebotenen Grundstücks sowie der Bearbeitungsdauer beim Grundbuchamt über zehn Monate von einer geänderten Aussetzungsverfügung unter der aufschiebenden Bedingung der Erbringung einer Sicherheitsleistung bis zur Eintragung der Grundschuld. Im Nachgang forderte das Finanzamt für diesen Zeitraum Säumniszuschläge ein, weil aus behördlicher Sicht die AdV erst mit Wirkung ab Eintragung der Grundschuld gelte. Dies stand aus Sicht des Steuerpflichtigen jedoch im Widerspruch zur Formulierung in der geänderten Aussetzungsverfügung, dass die AdV „weiterhin ab Fälligkeit (sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird)“ erfolge.
Der Steuerpflichtige bekam in diesem Fall Recht, da es auch dem Verständnis des BFH entspricht, dass, wenn eine Sicherheit entsprechend der AdV-Verfügung geleistet werde, die AdV auch regelmäßig ab dem Zeitpunkt eintritt, in dem die Verfügung Rechtswirksamkeit erlangt habe. Soweit nicht ausdrücklich etwas anders verfügt wird, bedeute dies, dass vor der Erbringung der Sicherheitsleistung entstandene Säumniszuschläge wieder wegfallen, sobald die Sicherheitsleistung erbracht wird.
Beraterhinweis
Jedenfalls für Zeiträume nach dem 1.3.2022 dürften aufgrund des geänderten Zinsniveaus Einwendungen gegen die Höhe von Säumniszuschlägen keine Erfolgsaussichten mehr haben. Umso wichtiger ist es, darauf zu achten, dass eine AdV stets ab Fälligkeit der streitigen Steuer erfolgt. Sofern hierfür Sicherheitsleistungen gefordert werden, sollte für deren Erbringung – nach Möglichkeit in Abstimmung mit dem Finanzamt – genügend Zeit eingeräumt werden oder entsprechend der insoweit begrüßenswerten BFH-Entscheidung vom 21.3.2025 hinreichend bestimmt sein, dass die AdV mit Erbringung der Sicherheit rückwirkend zum Fälligkeitszeitpunkt erfolgt.

